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Teuflisch

Wieder einmal erleben wir teuflische Zeiten – Luzifer auf allen Kanälen sozusagen. Im Film, in der Literatur und grad auch noch im richtigen Leben. Handelt sich es um die weibliche Fassung, ist der Teufel Chefredaktorin und trägt Prada. Zumindest will uns das der Film mit Meryl Streep weismachen. Man verpasst allerdings nichts, wenn man den amerikanischen Klamauk-Streifen nicht gesehen hat. Zu schwach nämlich die Story: Böse Chefredaktorin drangsaliert kleine rehäugige Assistentin. Daran ist nicht viel Diabolisches zu erkennen, schon eher Menschliches. Mit dem Exorzist oder Rosemaries Baby hatten wir teuflischere Leinwanderlebnisse. Dagegen kann uns der Film über die reale Vogue-Chefredaktorin Anna Wintour alias Miranda Priestly in keiner Szene auch nur annähernd so viel Gänsehaut verpassen.
Gott hat sich zum Mann gemacht, gut. Der Teufel machte sich zur Frau. Muss aber nicht zwingend sein. Auch männliche Chefredaktoren können auf höllisch gute Ideen kommen, wenn sie erst einmal vom Teufel geritten werden. Beispielhaft etwa die Anweisung des Südostschweiz-Chefredaktors, welcher den Tagblatt-Journalisten schriftlich verboten hat, seine Redaktionstoilette zu benutzen. Daraus folgt: Wer im Märchen den Prinzen verwandelt, entscheiden die Brüder Grimm, wer bei der SO die Wand verprinselt, entscheidet der Chefredaktor.
Bei der Chefredaktorin Anna Wintour müssen die Angestellten nur den Lift verlassen, wenn sie ihn betritt. Das ist dann wenigstens nicht rassistisch. Aber wie sagte doch einer, der auch einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte? «Es irrt der Mensch, solang er strebt.» In der Toilettentür allerdings sollte er sich nicht irren. «Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube» – für Tagblatt-Redaktoren gilt: Faust im Sack und einmal mehr einig mit Johann Wolfgang Goethe.
Aktuell ziemlich teuflisch geht es auch im Unterengadin zu, zumindest in der Geschichte von Martin Suter «Der Teufel von Mailand». Nicht explizit gemeint ist damit der rührige Kulturmanager Chasper Pult, obwohl er eine Zeit lang die Aussenstelle der Pro Helvetia in Mailand geleitet hat. Chasper Pult kommt hinter den Kulissen auch vor, allerdings spielt er für einmal eine für ihn ungewohnte Rolle, nämlich eine untergeordnete: Er hat dem Schriftsteller Suter geholfen, Namen für Land und Leute aus Südbünden zu erfinden, die für Aussenstehende fast romanisch klingen müssen. Das liesse sich noch eher verschmerzen als die Tatsache, dass der Autor die Reformation im Unterengadin vorübergehend rückgängig macht, weil der Teufel bei den Katholiken besser zur Geltung kommt. Immerhin, er hat sich dafür vorsorglich schon einmal entschuldigt. Beim Leser, nicht beim Teufel.
Vom Teufel geritten auch zwei Bündner Grossräte nach einer Parlamentssitzung in Chur. Der eine, Jurist von Beruf und freisinnig im Geist, entwendete einer verdutzten Automobilistin das Ausfahrtticket aus dem Quader- Parkhaus, der andere rammte die Barriere gleich eigenhändig hoch. Beide konnten das vom Steuerzahler berappte und staatlich verordnete Gratisbillett nicht finden und wollten die 30 Franken Wegfahrgebühr nicht bezahlen. Nur dumm, dass die beiden Teufelskerle übersahen, wie sie von einer Überwachungskamera gefilmt wurden. Meist steckt der Teufel im Detail, ausser, wenn Volksvertreter ertappt werden. Dann steckt er im Grundsätzlichen.
Eine dänische Weisheit hat auch für solch ein Verhalten die Erklärung: «Die Tugend in der Mitte», sagte der Teufel, und setzte sich zwischen zwei Juristen.

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