Home Agenda Aktuelle Ausgabe Archiv Chur Tourismus Links

Irrtümer

Ein spanisches Sprichwort sagt: «Anfangs sind Gewohnheiten Spinnweben, später Drahtseile.« In diesen Tagen des beginnenden neuen Jahres spürt man das ganz besonders. Das Eingeständnis der nicht eingehaltenen Vorsätze plagt uns schon, bevor das neue Jahr richtig begonnen hat. Die Erfahrung lehrt uns, dass alle guten Vorsätze sehr schnell viele Nebensätze entwickeln. Wie heisst es so schön bei Faust: «Ein grosser Vorsatz scheint im Anfang toll.» Eben, anfangs. Die Spinnweben der vergangenen Jahre sind halt schon lange zu Drahtseilen geworden, und wir werden sie mit dem besten Willen nicht mehr los.
Für dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, künftig mehr Verständnis zu zeigen. Mehr Verständnis für sich selbst natürlich, wenn es mit den guten Vorsätzen wieder einmal nicht klappen sollte.
Mit dem Rauchen aufhören, das war einmal. Dieser Vorsatz endet meist damit, dass man nach kurzer Zeit wieder erfolgreich vom Nichtrauchen befreit wird. Wenigstens könnte man sich vornehmen, im neuen Jahr das Passiv-Rauchen aufzugeben. Da ist man aber auf die Hilfe anderer angewiesen und ob die auch so viel Verständnis haben, muss bezweifelt werden.
Nur wer sich selbst versteht, versteht auch andere besser. Für alle aber gilt: Der Weg der guten Vorsätze ist mit Steinen gepflastert. Goethes Trost dazu bringt wenig: «Auch aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.» Botta mit seinem lichtdurchfluteten Segelbau in Arosa konnte er nicht gemeint haben. Goethe starb vorher, seine letzten Worte waren ganz profan: «Macht doch den zweiten Fensterladen auf, damit mehr Licht hereinkomme.» Und nicht, wie irrtümlich immer wieder falsch kolportiert wird «Mehr Licht».
Es gehört zu den grossen Irrtümern, ein neues Jahr könnte auch neue Menschen aus uns machen. Man muss wissen, dass die grössten Missverständnisse zumeist durch Irrtümer entstehen. Der Mensch ist ja eines davon. Sind wir uns überhaupt bewusst, wie viele Irrtümer es sonst noch gibt? Es irrt der Mensch, solang er glaubt, ein Würfel hätte vier Ecken, die Tulpen kämen aus Holland und in den 10 Geboten stünde «Du sollst nicht lügen». Alles falsch. Vor Tatsachen fürchten wir uns halt. Auch wenn jede Wahrheit ein Körnchen Irrtum enthält, wie uns das Beispiel zweier Astronauten zeigt: Gerade aus dem Weltall zurückgekehrt, antworteten sie auf die Frage, ob ihnen der Herrgott begegnet sei und wie er denn aussähe: «Sie ist schwarz.» Irren ist männlich, sagt doch schon das Sprichwort. Das meinte auch der Igel, als er vom Kaktus herunterstieg. Dieser Fall ist nur halb so traurig wie jener des Junior-Eishockeyaners anlässlich eines Spieles in Chur. Nach einem Zusammenstoss mit dem Gegner und der Bande fuhr der Kleine in Richtung des Schiedsrichters, den Mund leicht geöffnet, die Zunge halb herausgestreckt. Der Platzverweis des Unparteiischen ist auf einen Irrtum zurückzuführen. Der Kleine wollte ihm nur zeigen, wo es ihm so weh tat und welcher Zahn ihm soeben herausgeschlagen worden ist. Es ist auch ein Irrtum zu glauben, der Wunsch nach einem guten Rutsch ins neue Jahr habe etwas mit Rutschen zu tun. Die Juden wünschen sich «Gut Rosch» zum Neujahrsbeginn im September, also einen guten Anfang. Die Klimaerwärmung hat schon früh dafür gesorgt, dass es weder im September und bald einmal auch im Januar nichts mehr zu rutschen gibt. Gut Rosch also, mit oder ohne Schnee.

zurück