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Megakrass

Sokrates hat sich schon vor 2400 Jahren darüber beklagt: «Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.»
Die Erkenntnis des griechischen Philosophen war alles andere als neu: «Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die Jugend vorher, es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten.» So steht es auf einer babylonischen Tontafel, die 3000 Jahre alt ist.
Unsere Vorväter hatten es schon einfach, sie wussten wenigstens, wovon die Jugend sprach. Das ist heute um einiges schwieriger geworden, deshalb sind wir froh, dass es jetzt ein Lexikon gibt, das die Sprache der Jugend erklärt, so es sie überhaupt noch gibt.
Ein paar einfache Beispiele helfen uns schon weiter beim Verstehen der Sprache unserer Jugend. So können wir uns ja lebhaft vorstellen, dass unter einem Weizenspoiler ein dicker Bierbauch gemeint ist. Wenn der Nabelküsser nach Münzmallorca geht, sollte er keinen Mundgulli haben und auch keinen Achselterror, wenn doch, genügt oft etwas Nuttendiesel. Auch das versteht man leicht: der kleine Mann geht ins Solarium mit Mundgeruch und Achselschweiss und benötigt halt etwas Deodorant.
Als Eltern – pardon, als Erzeugerfraktion hat man oft seine liebe Mühe mit der Verständigung. Wie soll man die Knaben denn noch aufklären, wenn sie schon wissen, was Einhandsegeln bedeutet und das erste Mal eingeparkt haben, bevor sie das Wort Sex überhaupt buchstabieren können? Sie bekommen heute schon einen Hoppeldrop mit dem Schulsack mit, weil sie sich so wahnsinnig gamsig fühlen. Als Eltern, pardon, als Kohlenbeschaffer zahlt man besser fürs Handy und für andere lebensnotwendige Utensilien, sollen Nachbarskinder sich mit dem Fünf-Finger-Rabatt aushelfen, um das Wort stehlen nicht zu brauchen.
Wenn sie bislang echt genialen Power beim Readen hatten, erfolgt jetzt der Versuch zur Rückkehr in die heile Welt des Grünen Heinrichs. «Fette Bässe» oder «krasse Bunnies» – für manch einen bedeuten diese Ausdrücke schlicht den Untergang des Abendlandes: Die Jugendsprache hat keinen guten Ruf. Trotzdem ist es ein Mythos, dass die Sprache der Jugendlichen immer weiter verfällt. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil sie schon sehr weit unten angekommen ist. Anlass zur Hoffnung gibt aber die Tatsache, dass sich viele Ausdrücke selbst überleben und schnell als veraltet gelten. Man könnte der heutigen Jugend den Witz vom Ehepaar nicht mehr erzählen, wo er zu ihr sagt: «Wäre das schön, wenn Du einmal geil wärst.» Und sie antwortet: «Wäre das geil, wenn Du einmal schön wärst.» Geil ist ein Ausdruck für Groofties, nicht für die heutige Jugend. Diese kehrt dank der Werbung wieder zurück auf den Pfad des Duden und findet dabei: Wir sind doch nicht blöd.
Einst hatte sich Reto Gurtner, der King von Laax, in die Nesseln gesetzt, als er seine Alpenarena auf die Jugend einschwor und die Alten damit vor den Kopf stiess. Dabei sprach er noch nicht einmal vom alpinen Krampfadergeschwader, welches am Tag auf der Suche nach einem Rentner- Bravo am Kiosk vor Freude die Zeitschrift «Leben und Glauben» entdeckt, um das Heft dann infolge rektaler Disharmonie, welche zu Gesässhusten führt, auf dem Klo zu lesen.
Die Zeitung high5 weiss um ihre Verpflichtung gegenüber der heutigen Jugend, wenn sie sich im Untertitel selbst wie folgt charakterisiert: «Die Zeitung für Lebende.» Damit ist auch klar, dass das BT dann die Zeitung für Sterbende und die SO die Zeitung für die Untoten ist. Megamässig ultrakrass ist es auf jeden Fall. Morituri te salutant, liebe Zeitung für die Lebenden.

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