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Ruhe sanft (2)

«In diesem Grab liegt Anich Peter, die Frau begrub man hier erst später. Man hat sie neben ihm begraben, wird er die ewige Ruh nun haben?» Diese rhetorische Frage als Grabinschrift stammt aus dem letzten Jahrhundert, sie lässt sich nicht schlüssig beantworten, da wir die Frau nicht gekannt haben.
Dass es aber andernorts ganz sicher mit der Ruhe vorbei ist, zeigt der neuste Trend aus den USA. Dort kann man jetzt Grabsteine mit integrierter Video-Botschaft erwerben. Zu Lebzeiten speichert man seine letzte Botschaft an die Nachwelt und diese wird dann von einem kleinen Monitor im Grabstein in Dauerschleife dem Friedhofbesucher gezeigt.
Das ist verrückt: Da ist man tot und verbraucht trotzdem noch Strom. Die letzte Botschaft auf dem Grabstein, sie kann auch hochpolitisch sein. Bertolt Brecht hat eine Inschrift auf einen nicht abgeholten Grabstein geschrieben, während er für sich gar keinen solchen wünschte: «Ich benötige keinen Grabstein, aber wenn Ihr einen für mich benötigt, wünschte ich, es stünde drauf: Er hat Vorschläge gemacht. Wir haben sie angenommen. » Sein Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Das ist andern auch nicht besser ergangen. So wollte der Schauspieler John Wayne einen Grabstein mit der Aufschrift «Feo, fuerte y formal » (Er war hässlich, stark und hatte Würde). Bis heute hat sich niemand getraut, das einzugravieren. Gleiches gilt für Ulrike Meinhof, Gründungsmitglied der Rote Armee Fraktion. Die Inschrift «Freiheit ist nur im Kampf um Befreiung möglich » wurde nicht erlaubt. Durchgesetzt hingegen hat sich posthum der ehemalige Aussenminister im Kabinett Blair, Robin Cook. Über seiner Grabstelle auf dem Edinburgher Grange Friedhof wurde nun ein extra grosser Grabstein errichtet, dessen Inschrift Bezug auf den Krieg im Irak nimmt: «Ich konnte den Krieg zwar nicht verhindern, aber ich setzte das Recht des Parlaments durch, über den Krieg zu entscheiden.» Als Unicef-Botschafter, der sich für die Rechte der Kinder weltweit einsetzte, wusste Sir Peter Ustinov, was er sich für einen Text auf dem Grabstein wünscht: «Bitte den Rasen nicht betreten», antwortete er auf eine entsprechende Frage. Wären bei uns die Inschriften erlaubt, der Tod würde uns auf dem Friedhof viel fröhlicher begegnen. Auch durch unfreiwilligen Humor: «Hier ruht in Gott Adam Lentsch, 26 Jahre lebte er als Mensch und 37 Jahre als Ehemann.» Es können auch weniger aufschlussreiche Aussagen sein wie etwa: «Hier liegt begraben unser Organist. Warum? Weil er gestorben ist.» So jedenfalls liest man auf einem Tiroler Friedhof. Grundsätzlich hat natürlich jede Frau die Möglichkeit, ihren Mann früh ins Grab zu kochen. Beim ausnehmend mageren Kapellmeister Heinrich Esser war das nicht der Fall, wie die Grabinschrift beweist: «Hier ruht Esser – die Würmer diese Fresser – speisen anderwärts besser.» Manch einer ist aber auch ganz selber schuld, wie aus zahlreichen Inschriften hervorgeht. Auf einem Grabstein in Feldkirch aus dem Jahre 1830 steht: «Hier ruhet Franz Josef Matt, der sich zu Tod gesoffen hat. Herr gib ihm die ewige Ruh', und ein Gläsle Schnaps dazu.» Unschuldig vom Leben in den Tod befördert dagegen ein anderer: «Hier liegt in süsser Ruh’ erdrückt von seiner Kuh, Franz Xaver Maier. Daraus sieht man, wie kurios man sterben kann.» Auch einem Fuhrmann ging es nicht viel besser: «Der Weg in die Ewigkeit, ist doch gar nicht weit. Um 7 Uhr fuhr er fort, um 8 Uhr war er dort.» Solche Volkslyrik ist bei uns nicht erlaubt, ausser, sie geschieht unfreiwillig. Bei der Bestellung eines Kranzes für die Beerdigung lautete der Auftrag: «Ruhe sanft!» auf beiden Seiten der Schleife zu drucken … Der Kranz wurde rechtzeitig geliefert, auf der Schleife war zu lesen: «Ruhe sanft auf beiden Seiten!»

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