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Falsche Bilder

«Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen», eines der zehn Gebote, das vollkommen in Vergessenheit geraten ist. Schade, ist doch das Leben ohne Bilder kaum mehr verständlich. Wir brauchen die Bilder als Eselsleiter, wie wüssten wir sonst, ob Gott eine Sie ist und farbig oder eben doch männlich mit weissem Bart? Bild sei Dank. Es fällt aber schon auf, wie oft falsche Bilder Verwendung finden, vor allem in den Zeitungsspalten. Da hängen die Bilder manchmal so schief, dass man gar nicht weiss, wie sie zu retten wären. «Die Renovation der Churer Kathedrale kostete ein Heidengeld» – stimmt, auch wenn das Geld von Heiden kommt, pecunia non olet oder auf Deutsch: Hoffentlich hat der Teufel seine Finger nicht im Spiel. War ja auch eine Heidenarbeit für alle. «Schlussendlich» dauerte die Renovation insgesamt sechs Jahre, wobei zufälligerweise der Schluss und das Ende zusammenfielen, ergo das «Schlussendlich » auch ein falsches Bild ist. Wer mit offenen Augen durch den Tag geht (als ob Augen gehen könnten), stolpert laufend über Bilder, die zum Grübeln anregen. Auf jeder zweiten Getränkedose steht «hier öffnen », und niemand überlegt sich, was passiert, wenn man sie «woanders öffnet». Gleich daneben findet sich das Maisöl. Wenn das aus Mais gemacht wird, wie sieht es dann mit Babyöl aus? Und was fühlt ein Schmetterling im Bauch, wenn er verliebt ist? Wäre doch besser, man würde sich keine Bilder mehr machen. Wenn man dann im Radio hört, dass zurzeit keine Verkehrsmeldungen über Polizeistörungen vorliegen, heisst das gar nichts. Immerhin ist die Hermandad noch in der Lage – wenn auch unfreiwillig – schöne Bilder zu verwenden. Einmal abgesehen davon, dass auch im Irak Atombomben statt Autobomben losgehen, dass wieder einmal ein afrikanischer Staatschef in Uganda gefallen oder in seinem Heimatstaat in Ungnade gefallen ist – was meist auf dasselbe herauskommt, versuchen es hiesige Automobilisten immer wieder mit Auffahrtsunfällen, als ob sie dazu einen christlichen Feiertag wählen müssten. Die Polizisten finden dann schon den richtigen Vergleich. So schrieben sie in ihrem Rapport nach einer Messerstecherei, dass man den Täter mit «stichhaltigen Beweisen» überführt habe. Wenn das nicht stich- und hiebfest ist. Da erbleicht sogar der eingefleischte Vegetarier. Oder Gerhard Blocher, der Noch-Bruder des Nichtmehr-Bundesrates, der sich gerne stichkundig gibt, wie er im Schweizer Fernsehen messerscharf unter Beweis stellte. Im Sportjargon würde man sagen, er bewegt sich argumentativ unter dem Strich. So zeigte er vor laufender Kamera das Sackmesser, mit dem der Saustall Bundeshaus ausgeMerzt werden soll. Ein besonders schönes Bild, das sogar lebende Personen einschliesst. Im Anschluss an Gerhard Blochers Brandrede wurden dann die bekannten Redewendungen munter durcheinander gemischt, denn zahlreiche Parlamentarier wetzten die Säbel und rasselten mit den Messern. Normalerweise sagt das Bild, das wir von einem Menschen haben, nicht viel über diesen aus. Ausgenommen davon ist vielleicht noch Papa Moll, der Moderator der Sendung Benissimo im Schweizer Fernsehen. Im Bündner Tagblatt las man zum Abschluss der Hochjagd: «Eher weniger viel wurde bei der Gämsjagd geschossen », was dann wohl bedeutet, das mit wenigen Schüssen viele Tiere erlegt wurden. Das hinterlässt dann Spuren: «Jagdinspektor Brosi ist davon nicht überarscht», liest man in der gleichen Zeitung und beschliesst spontan, sich kein Bild davon zu machen.

Stefan Bühler

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