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Apokalypse

Bald werden wir in ein neues Jahrzehnt hinüber schreiten, bzw. hineintaumeln. Im Sinne des gregorianischen Kalenders ist das jubeltechnisch ein Grund zur Freude. Wäre da nur nicht der Maya-Kalender, der uns den Weltuntergang für den 21. Dezember 2012 prophezeit. Dieser Kalender beginnt am im Jahre 3114 v. Chr. und endet am besagten 21. Dezember ohne Angaben von Gründen. Hat die Welt ein Ablaufdatum wie die innerdeutsche Mauer oder die Witze von Müller/Giacobbo? Oder kommt es nur zum spirituellen Recycling der Menschheit zu Beginn eines neuen Zeitalters? Fragen, die sicher einfach zu beantworten sind. Wenn es um existenzielle Themen geht, können wir uns von den Mayas, den Zeugen Jehovas, Uriella, Tessier, von Däniken und weiteren Untergangspropheten veräppeln lassen. Das ist tröstlich. Gerade nach der Erfahrung mit unseren Experten, die nicht wissen, wie viel Impfstoff zu welchem Zeitpunkt und wo gegen die Schweinegrippe bereitgestellt werden soll, ist man geneigt, sich den echten Sachverständigen hinzuwenden. Auch wenn diesen nichts heilig ist, ausser der Weltuntergang. Die Mayas begründen den Start ihres Kalenders mit der Ankunft der Götter, am Ende steht dann deren Rückkehr. Dass noch etwas Uneinigkeit über die Details des Untergangs herrscht, ist verständlich. Kann aber vernachlässigt werden, seit der Endzeitfilm «2012» von Roland Emmerich uns ansatzweise darauf einstimmt. Keiner kann so schön die Welt vernichten wie Emmerich. Sechs Milliarden Tote durch rasende Feuerbälle, da bleibt keine Erdplatte auf der andern. An sich ginge das noch, böte die Chance für einen Neuanfang der Menschheit. Wenn da nur nicht der gewaltige Sachschaden wäre. Es mag angesichts dieser Zerstörung tröstlich sein, dass wir dieses Mal nicht selbst schuld sind am Untergang. Als Schweizer haben wir uns schon eine gewisse Resistenz gegen Katastrophenszenarien angeeignet. Hurra, wir leben noch! Milva singt es, und Johannes Mario Simmel beschreibt diesen an sich überraschenden Zustand. Wir leben noch. Nur der Wald geht mit seinem Sterben in die Verlängerung, während die Pilze weiter vor sich hinstrahlen. Wer Katastrophenszenarien wie den Boniund den Rinderwahnsinn überlebt, der steckt auch die plötzliche Entdeckung des Klimawandels locker weg. Würde man meinen. Wie gesagt, schuld sind wir dieses Mal nicht. Die Atombomben rosten weiter in den Bunkern, der Weltuntergang naht auch ohne deren Hilfe. Albert Einstein hat es richtig vorausgesehen, als man ihn fragte, ob er sich die verheerenden Waffen vorstellen könne, die bei einem dritten Weltkrieg zum Einsatz gelangen. Er sagte: «Nein, die kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich kann mir gut vorstellen, mit welchen Waffen der vierte Weltkrieg geführt werden wird und zwar mit Faustkeil und Steinaxt!» Hin- und hergerissen zwischen Freude an einem neuen Jahrzehnt und Bangen vor dem Weltuntergang bleibt uns nicht anders, als Prioritäten zu setzen. Die Reihenfolge ergibt sich automatisch: Neujahrsfeier 2010 und dann gleich Weltuntergang 2012. Es bleibt also noch Zeit für Sinnvolles. Etwa für den Rücktritt von Bundesrat Merz. Oder für ein Katastrophenszenario, falls er länger bleibt. Wissenschaftlich berechnet kommt der Weltuntergang erst in 7,59 Milliarden Jahren. Die Todesursache steht auch schon fest: Die Erde wird verbrennen, weil sie ins Feuer der ebenfalls sterbenden Sonne stürzt. Spätestens dann wird es Zeit, sich der Bibel zuzuwenden. Fündig werden wir in der Offenbarung des Apostels Johannes, dem letzten Buch des Neuen Testamentes. Und siehe da, Apokalypse heisst nicht nur Weltende, sondern auch Erlösung. Eine neue Welt entsteht, in der wir dann hoffentlich erlöst sind von all den Weltuntergangspropheten, die in Krisenzeiten die schlechtesten Ratgeber sind.

Stefan Bühler

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