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Murphy’s Sommer

Alles, was schiefgehen kann, geht schief. An Murphy’s Gesetz hielt sich der Sommer vorbildlich. Einmal abgesehen vom Wetter gab es genügend Gründe, wieder einmal UHUFerien zu machen. Ums Huus Ume eben, wo die Vielfalt am grössten ist. Man kann wählen zwischen einem Spaziergang im Regen, einem Ausflug in die Badi mit Gewitter, einem oder mehreren Freilichtspielen oder Kino-Open – immer mit dabei der freie Himmel, der bitterlich weint. Und Murphy als ständiger Begleiter. Alles, was gut beginnt, endet schlecht. Alles was schlecht beginnt, endet furchtbar. Es fängt schon damit an, dass man im Stau zwei Möglichkeiten hat und ganz sicher in der falschen, langsameren Kolonne steht. Auf dem Weg zum Freilichttheater Annas Carnifex geht es nach Mollis. Die Autobahn entlang dem Walensee ist nur einspurig befahrbar, weiss der Kuckuck weshalb. Die linke Spur jedenfalls ist die falsche Wahl, rechts käme man schneller voran, um die verregnete Aufführung im Glarnerland nicht zu verpassen. Drei Tage später, Fahrt entlang der gleichen Strecke zum Gauklertreffen nach Lenzburg. Wiederum Stau. Klug geworden aus Erfahrung wählt man diesmal die andere Seite und liegt damit vollkommen falsch. Jetzt kommt nämlich die linke Spur deutlich schneller voran. Der gleiche beamtete Armleuchter, der drei Tage zuvor alle schikanierte, schaltet am Sonntag beim Ferienrückreiseverkehr die Walenseestrecke wieder auf Rot, zur Abwechslung einfach die andere Spur. Er glaubt an das, was er tut, obwohl in keinem Walenseetunnel ein Schwanz zu sehen ist, der arbeitet oder so tut als ob. Auch keiner, der nicht arbeitet. Deshalb eine Folgerung aus Murphy’s Gesetz: Es ist unmöglich, etwas idiotensicher zu machen, Dummköpfe sind zu erfinderisch. Damit ist auch klar, weshalb sich hartnäckig das Gerücht hält, dass es sich bei der Walenseestrasse um eine reine Scheinbaustelle handelt. Weit und breit keine Arbeiter zu sehen, nur frustrierte Autofahrer, die meisten davon in der falschen Spur. Ein schönes Beispiel behördlicher Denkarbeit, wo der Zufall durch den Irrtum ersetzt wird. Wenigstens ermöglicht uns die stehende Kolonne, über den tieferen Sinn des Staus und seine Protagonisten nachzudenken. Etwa über den getunten Toyota mit Aargauer Nummer. Getunt auch die Beifahrerin, so weit man dies durch die zugedröhnte Scheibe feststellen kann. Jedenfalls ein schönes Beispiel dafür, dass Schönheit oft oberflächlich ist, während die Hässlichkeit durch und durch geht. Da wandert der Blick unweigerlich in Richtung weiträumiges Dekolleté. Erlaubt ist das, weil man die Frau ja nicht nur auf ihre inneren Werte reduzieren sollte. Mehr zu denken gibt das Aargauer Kennzeichen, schon die Vorstellung bestätigt das Vorurteil: AG = Achtung Gefahr. Weiss man ja, wie dieser gelatierte Secondo am Steuer losdröhnt, sobald die Strecke frei ist. Mit deutlichem Abstand haben die Aargauer den zweifelhaften Titel als «schlechteste Autofahrer der Schweiz» erhalten, meldet der Internet-Vergleichsdienst Comparis. Die Statistiken der Versicherungsgesellschaften kommen zwar zu einem ganz anderen Ergebnis, wir lassen uns aber deswegen nicht beirren. Vorurteile über Beamte genauso wie über Secondos bieten schliesslich Halt in diesen schweren Stauzeiten. So war er also, der UHU-Sommer. Vom Winde verweht bei den schwarzen Brüdern, im Regen bei Anna Göldi, zum 1. August ein Abbruch nach einer Stunde Aida in Bregenz, Nabucco unter Bindfäden vor der Churer Kathedrale und Yo, tamién mit kalten Füssen am Kino-Open. Jörg Kachelmann wird lange brauchen, um sich und das Wetter wieder einigermassen ins Lot zu bringen. Und nächstes Jahr fahren wir wieder nach San Vincenzo.

Stefan Bühler

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