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Mehr Flexibilität

Dass der vierte Adventssonntag des Jahres 2011 im Herbst stattfinden musste, kann nichts Gutes verheissen. Da werden leichtfertig alte Gewohnheiten über Bord geworfen. Während wir also auf den Winter lange genug warten mussten, scherte sich dieser Advent überhaupt nicht darum. Er schloss seinen Zyklus bereits vor Winterbeginn im Herbst ab.
Wenn es in diesem Stil weitergeht, wird uns das Jahr 2012 ganz aus der Bahn werfen. Kein Verlass mehr darauf, dass wir zwischen Weihnachten und Neujahr fett werden - diese Phase verschiebt sich neu auf die Zeit zwischen Neujahr und Weihnachten. Es bleibt nur ein kleiner Trost: Wer dick ist, hat mehr Lebensqualität. Mit jedem weiteren überflüssigen Computertomografen in der Provinz verbessert sich die entsprechende Statistik: Wer nicht durch die Röhre passt, bei dem wird nichts festgestellt, ergo hat er nichts zu befürchten.
Als einzige Konstante bleibt die Bauernregel: «Was zu Silvester wird ausgesät, im September lauthals kräht.» Für alle andern gilt: Solange die Waage nicht anzeigt «Fortsetzung folgt» geniesse das Leben.
Vieles jagt uns Angst ein zu Beginn des neuen Jahres. Am schlimmsten ist die Abhängigkeit von der stotternden Konjunktur, den Zuppigers in der Politik, von den maroden Euroländern und der Fifa. In dieser Reihenfolge.
Regierungen in ganz Europa übertrumpfen sich bei ihren Sparanstrengungen. Bereits liegen erste Beschlüsse vor, nach denen sich drei Minister ein Hirn teilen müssen. Für das einfache Volk bleibt nur die Erkenntnis: Geld allein macht nicht glücklich. Dazu gehören noch Aktien, Beteiligungen, Gold, Immobilien und Wertpapiere.
Noch weniger Zuversicht vermittelt die Fifa, die es in der Hand hätte, uns aus dem Tal der Tränen zu führen. Aber auch diese Hoffnungsträger tanzen lieber am Kongress. Wie an der letzten Gala zu sehen war, haben die dämlichsten Herren immer noch die herrlichsten Damen. Hilft uns echten Fussballfans leider auch nicht weiter. Und damit sind wir bei einem der Hauptprobleme im neuen Jahr, dem Fussball. Die neuen Messis ersetzen den Orginalmessias, die Prediger sind Funktionäre, die uns immer wieder aufs Neue verblüffen mit ihren Weisheiten. Nur darum wissen wir, dass jedes Pro und Contra auch sein Für und Wider hat, während in Wirklichkeit die Realität ganz anders aussieht. Auch wenn Fussballer das Denken den Pferden überlassen sollten, weil diese besser beschlagen sind, sollten sie es nicht vollständig an ihre Beine delegieren. Schliesslich können alle Menschen denken, auch wenn es den meisten erspart bleibt.
Den Fans inner- und ausserhalb der Stadien verdanken wir es, dass das Silvesterfeuerwerk spätestens nach Aufnahme der Meisterschaft weitergeht. Pyros, die sich auf die Neujahrsfeier und den 1. August beschränken, sind nicht mehr angesagt. Gezündelt wird das ganze Jahr und die Verantwortlichen agieren nach dem Prinzip: Erst schliessen wir die Augen, dann sehen wir weiter. Zumindest bei der Frage, ob man die Fankurven genau gleich schliessen soll, herrscht Funktionärsklarheit: Darauf antworten nämlich alle ohne Wenn und Aber mit einem entschiedenen Vielleicht. Nun ja, im Fussball behalten die Pyromanen weiterhin die Oberhand. Auch wenn die Intelligenz sie verfolgt, es gelingt ihnen immer wieder, schneller zu sein.
Wenn uns aber auch in diesem Jahr die Nati und der Sepp im Stich lassen, bleibt wohl nur der Gang in die Immigration. Oder eben doch das Warten auf die Politik. Diese muss endlich erkennen, dass es künftig ohne Flexibilität nicht geht. Es ist ja offensichtlich, dass der Winter dann kommt, wenn Ausverkauf und Ferien längst vorbei sind. Tiefgreifende strukturelle änderungen können dem entgegenwirken. Weihnachten und Neujahr sollten nach Bedarf spontan durch Regierungsentscheid festgelegt werden. Was beim Jagdbeginn und beim Ladenschluss gilt, muss auch für andere kommerziellen Anlässe gut sein.

Stefan Bühler

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