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Shoppen

Die Zeit der Liebe naht. Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft bricht die grosse Konsumhektik aus, Maya-Kalender hin, Eurokurs her. Wer jetzt noch nicht auf Shoppingtour ist, verpasst die besten Gelegenheiten. Am Geld kann es wohl kaum liegen, statistisch gesehen hat jeder Mann und jede Frau mehr im Geldseggel als noch vor einem Jahr. Vorbei die Zeiten, als uns biederen Konsumenzlern nachgesagt wurde, wir würden wie ein Känguruh mit leerem Beutel grosse Sprünge machen. Der ist jetzt voller denn je, auch wenn die Sprungkraft etwas nachlässt. Sorge dafür tragen Politik und Nationalbank mit ihren Zinsen auf tiefem und Klagen auf hohem Niveau.
Deshalb ab zum munteren Dezembershoppen. Nicht zum Einkaufen, das hat mit Shoppen so wenig zu tun wie Olympische Winterspiele in Graubünden mit Nachhaltigkeit. Einkaufen ist wie ein One-Night-Stand, Shoppen hingegen die Krone des heiligen Konsumatius. Wenn nur die Männer das begreifen würden. Einmal an den Christchindlmarkt nach Stuttgart und mit sieben Engeln, vier Paar Schuhen und einer Stehlampe zurückfahren - welche Frau ist da nicht dankbar. Kaum wird es draussen wieder wärmer, drücken die Schuhe, die Stehlampe findet sowieso keinen Platz, hatte aber 30 Prozent Rabatt, und die Engel werden schon beim ersten Hängen zum Opfer des Labradors, der keinen Sinn für Kultur hat. Der Einkaufsbummel aber einmal mehr unvergesslich, ganz speziell jener beim Weihnachtsmarkt. Der verbindet sinnloses Kaufen mit harntreibendem Glühweintrinken. Und jedes Jahr der gleiche Schwur: nie mehr Christchindlmarkt.
Kein Vorsatz ändert aber etwas an der Tatsache, dass Frauen wenig brauchen, um glücklich zu sein. Ein 30-Quadratmeter-Kleiderschrank voll Shoppingerwerbungen genügt da vollkommen. Früher war der begehbare Schrank nie so voll wie heute, er sorgte mancherorts sogar für Abwechslung beim ehelichen Sex, indem er ein Gefühl von Outdoor vermittelte. Heute ist er mit Klamotten gefüllt, weil frau so leicht auf so sinnvolle Hilfsmittel wie den QR-Code zurückgreifen kann. Schnell das Handy im Kleiderladen gezückt, das Scanner-App aktiviert und schon ist das gute Stück im Warenkorb. Und wenn man sich dazwischen in der Aufregung der Adventszeit vertippt, ist das auch kein Problem. Die Neunfahrtenkarte für die Pizolbahn, die dann anstelle eines Gutscheins für regelmässige Sockenlieferungen kommt, macht deshalb Sinn, weil sich damit die Suche nach einem Geschenk für den Gatten erledigt hat. Die Socken können warten.
Die Jugend von heute hat insofern ein aufgeklärtes Verhältnis zum Konsum, als sie den Unterschied zwischen Einkaufen und Shoppen mit der Muttermilch aufgesogen hat. Anders ist der Ausspruch nicht zu erklären, als der Sohn meinte: Ich gehe jetzt shoppen. Hörbares Aufatmen bei den Eltern, denn das könnte der Durchbruch sein. Kauft er sich endlich anständige Kleider? Mitnichten. Er wollte damit sagen: Ich gehe jetzt shoppen in den Mediamarkt. Es bleibt dann ein Jahr länger bei den alten Klamotten, dafür liegt der Schober mit Ice Age 1 bis 4 unter dem Tannenbaum als DVD, Bluray und Blu-ray 3D. Sicher ist sicher, man kann ja nicht jedes Mal eine neue Glotze kaufen, nur weil man die blöden Formate nicht auseinanderhalten kann.
Männer erkennt man sofort beim Shoppen. Wenn neue Bohrmaschinen die Einkaufswagen biegen, ist das eben nicht normales Einkaufen. Für Säuglinge den Schoppen und für den Mann das Shoppen, der Unterschied ist minim, lustvolles good feeling, zuerst am Busen, dann im Baumarkt. Schön ist schon wieder Dezember. Der Ausverkauf kann auch schon beginnen. Nichts wie hin, um wiederum zu übersehen, was man eigentlich bräuchte, und dann etwas zu kaufen, vom dem man gar nicht wusste, dass es das überhaupt gibt.

Stefan Bühler

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