Gastronomisches Chur auf der Spur in den Altstadtbeizen
Feine Nasen riechen es in den Gassen der Altstadt:
Düfte von Pizzoccheri, von Churer Fleischtorte und hausgemachten Eintopfgerichten, von
Polenta, gebackenen Forellen und Gerstensuppe. Die Churer Altstadt mit ihren Beizen, das
kann man mit Fug und Recht behaupten, ist der gastronomische Schmelztiegel unserer Stadt.
Das Wort «Beizenbummel» kann man jeweils am Samstagmorgen auch in
«Beizerbummel» umwandeln. Kenner der Gastroszene und deren Exponenten entgeht nämlich
nicht, dass der Wochenmarkt (siehe Seite 34) mit seinen Frischprodukten auch eine
magnetische Wirkung auf etwelche Köche innerstädtischer Lokale ausübt. Da ein paar
Lauchstengel, dort ein Bund Radieschen, hier ein Körbchen frischer Erdbeeren und auch
noch eine Lage eben gelegter Hühnereier aus dem Schaubauernhof Plankis. Das alles
verschwindet in den Küchen, um in Form von Zutaten, Beilagen oder Hauptgerichten die
Gaumen der Gäste zu verzücken. Andere Gastronomen holen das Grundmaterial, seien es
Fleisch-, Gemüse- oder Milchprodukte, direkt bei den in der Region ansässigen
Produzenten, mit dem einen Credo unter der Kochmütze: nur das Frischeste soll auf die
Teller der Gäste kommen.
«Bürgerliche» Variationen im Dutzendpaket
Weil die in den Küchen zur Verarbeitung gelangenden Produkte von
Bür-gerinnen und Bürgern Graubündens grossgezogen werden, kann die Titulierung der
angebotenen Gerichte treffender nicht sein: «Bürgerliche Küche». In der Churer
Altstadt begegnet man ihnen im Dutzendpaket, ohne jedoch Gefahr zu laufen, lustlos in
eintönigen und langweiligen Speisekarten blättern zu müssen. Mit Kreativität stacheln
sich die Küchencrews vom Calanda (Tel. 253 08 80), Capellerhof (252 59 77), Drei Bünde
(252 27 76), Drei Könige (252 92 29), Franziskaner (252 12 61), Freieck (252 17 92),
Gansplatz (252 14 57), Hotel Chur (252 32 44), Hofkellerei (252 32 30), Lett (252 03 10),
Rebleuten (257 13 57), Schweizerhaus (252 10 96), Stern (252 35 55), Süsswinkel (252 28
56) und Zollhaus (252 33 98) zu Höchstleistungen und Abwechslung an. Die Spannweite des
Repertoires ist beeindruckend und reicht von Grossmutters Polenta (Süsswinkel), Bündner
Eintöpfen (Rebleuten, Stern), Hauswürsten (überall), Gerstensuppe (überall), Churer
Fleischtorte (siehe Rezept), Fleischspeisen aus Bündner Zucht (überall) usw. bis zum
Magen schliessenden Plättchen mit regionalen Käsevariationen. Dazu gehört natürlich
ein Tropfen aus den Rebbergen zwischen Fläsch und Felsberg oder ein Durstlöscher aus
Passugg oder der Calanda-Brauerei. Kaum ein Betrieb, der nicht auch mit regelmässigen
Spezialitätenwochen für überraschende kulinarische Reisen durch den Kanton führt. Und
wenn die Jünger Petris genügend Glück haben, können im Gansplatz (dem Stammlokal der
Churer Fischer) gebackene Forellen oder auch «blau» aus garantiert
bündnerischen Gewässern genossen werden.
Chur Bissen um Bissen
Obwohl gastronomisches Geniessen mit zurücklehnen, bedient werden und
nicht selber abwaschen müssen eng- verkoppelt ist, verrät Metzgermeister Schiesser aus
der Oberen Gasse das Rezept der echten Churer Fleischtorte, mit der sich jede Gästerunde
zu Hause Stück für Stück von Chur verinnerlichen kann.
Die Zutaten: 500 g gehacktes Kalb-, Rind- und Schweinefleisch; 100 g Speckwürfeli;
1 Zwiebel gehackt;
1 Esslöffel Biofin; 1 eingeweichtes Brötli; etwas Veltliner Wein; Salz, Pfeffer
und Muskat; gehackte Petersilie; 500 g Kuchenteig; 1 Ei.
Speckwürfeli mit der Zwiebel im heissen Fett glasig braten. Das ausgedrückte Brot
gut zerpflücken und beigeben. Mit etwas Wein ablöschen (das Fleischgemenge soll nicht zu
trocken sein). Würzen und die Petersilie darunter mengen. 2/3 des Kuchenteigs auswallen
und eine eingefettete Springform damit auslegen. Fleischfüllung darauf verteilen. Die
Teigränder mit dem zerquirlten Ei bestreichen. Den restlichen Teig auswallen, über die
Masse legen und Teigränder gut zusammendrücken. Mit der Gabel einige Male einstechen und
mit Ei bestreichen. Im vorgeheizten Ofen bei guter Mittelhitze 50 Minuten backen.
Walter Schmid