An der Bündner Jagd kommt keiner vorbei. Wenn für 5500 Jägerinnen und Jäger am 9. September die Hochjagd beginnt, dann ist es höchste Zeit für die Gastwirte, ihre Menüpläne umzustellen, Hirschsteak, Rehrücken, Gämspfeffer zählen zu den kulinarischen Höhepunkte des Herbstes in einem Kanton, wo die freie Jagd mehr als anderswo zählt. buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler

Wandel
bei der Jagd

Graubünden hat denn auch mehr als doppelt so viele Jäger als der zweitplatzierte Kanton Wallis. Und das ist gut so, übernimmt doch die Jagd die schwierige Aufgabe der Bestandesregulierungen und damit der Hege in der freien Wildbahn. Natürlich steht für den Jäger die Passion im Vordergrund, die Jagd bedeutet aber heute mehr als Zeitvertreib. Zwischen Tradition und neuzeitlichen Anforderungen hat die Jagd in den letzten Jahren einen grossen Wandel durchgemacht. Zum Glück, denn ohne diese Veränderungen hätte man die Patentjagd kaum in die Zukunft retten können. In Graubünden wurde aber bewiesen, dass es möglich ist, traditionelle Werte und moderne Ansprüche unter einen Hut zu bringen.

Beispiel Tradition: Seit 1903 ist gesetzlich festgelegt, dass auf der Hochjagd nur Kugelwaffen mit einem Kaliber von mindestens 10.2 mm zulässig sind, eine Munition, die nur mehr für die Bündner Jagd hergestellt wird. Neuzeitlich: man hat eine Jagdplanung eingeführt, wie sie noch vor 20 Jahren nicht denkbar gewesen wäre. Rückblickend kann man von einer genialen Strategie sprechen. Was 1977 mit der geplanten Reduktion des Steinwildes um 300 Tiere begann, wurde fortgesetzt mit dem Plan zur Bestandesregulierung beim Hirschwild, dann kam das von den Jäger zuerst vehement abgelehnte Konzept für die Gämsbejagung und im letzten Jahr ein Konzept für die Sicherung gesunder Rehwildbestände. Die guten Elemente der Revierjagd, wie sie in den meisten deutschsprachigen Ländern betrieben wird, wurden übernommen und die freie Patentjagd sicherte sich damit ihr Überleben.

Das ist nicht zuletzt das Verdienst von klugen und konsequenten Jägern wie dem scheidenden Jagdinspektor Peider Ratti, dem ehemaligen Regierungsrat Luzi Bärtsch, aber auch den Präsidenten des Bündner Kantonalen Patentjägerverbandes Georg Niggli (Grüsch) und seit 1997 Jon Peider Lemm (S-chanf). Jagd erfordert einen wachen Geist, Umdenken und Überzeugen können gehört dazu. Die Bündner Jagd gilt heute über die Landesgrenzen hinaus als Musterbeispiel für den gelungenen Wandel.
Stefan Bühler