Im
Churer Schiller lebt alte Tradition weiter Die
Churer Rebfläche ist seit Anfang des 19. Jahrhunderts von über 100 auf
heute nurmehr 8 Hektaren zusammengeschrumpft. Aber im Churer Schiller lebt
eine alte Tradition weiter. Hervorragende Lagen bringen hervorragende
Weine hervor. Auf
alten Stichen sind sie noch zu sehen, die Churer Rebhänge, die sich
Anfang des 19. Jahrhunderts von der Quader bis Masans und entlang der
Plessur erstreckten. Von den ehemals 42 betriebenen Torkeln ist ein
einziger übrig geblieben, aus dem zweiten Torkel ist das Weinbaumuseum
entstanden. Damals konnte sich Chur mit dem Titel «grösste
Weinbaugemeinde Graubündens» schmücken. Heute sind diese Gebiete
praktisch vollständig überbaut. Geblieben sind rund acht Hektaren Rebfläche,
die sich teilweise in den Händen der Stadt Chur, der Bürgergemeinde, des
Bistums und Privater befinden, jedoch überwiegend verpachtet sind. Erst
kürzlich hat das Weinhaus Cottinelli in Malans die rund zehn Hektaren
umfassenden Bistums-Rebberge mit den Sorten Blauburgunder und Riesling x
Sylvaner in Pacht übernehmen können. Churer Schiller, Molinära
Blauburgunder, Costamser und Riesling x Sylvaner werden künftig zwar in
Malans gekeltert. Der 98er-Jahrgang wird jedoch noch in der gewohnten Form
auf den Markt kommen. Für das Churer Traditionshaus Zanolari hingegen
bringt diese neue Situation auch Nachteile. Der 97er Churer Schiller aus
der bischöflichen Kellerei wird der letzte Schiller sein, der jetzt noch
über den eigenen Ladentisch geht. Keine
Absatzsorgen Ohnehin
befürchtet von Tscharner, dass sich die Rebfläche in Chur in Zukunft
noch weiter verringern könnte, vor allem, wenn die meist in der Bauzone
liegenden Wingert dem «schnöden Mammon» wegen verkauft würden. Schon
seit langem, weiss von Tscharner, übersteigt die Nachfrage nach Churer
und Bündner Wein das Angebot. Auch wenn weltweit ein Überangebot
besteht, kennen weder die Churer noch die Herrschäftler irgendwelche
Absatzsorgen. Aus
den Churer Trauben wird in erster Linie der Churer Schiller gekeltert. Ein
spritziger, schillernder, angenehmer Rosé aus Blauburgunder und je nach
Kelterer einem kleinen Anteil Pinot Blanc oder Pinot Gris, der meist jung
getrunken wird. Der Wein hat Tradition. Die Blauburgunder-Traube, so wird
aufgrund der Geschichte vermutet, ist demnach Anfang des 17. Jahrhunderts
nach Chur gekommen. Junge Burschen, die im Burgund in fremden Diensten gewesen sind, hätten die Traube mitgebracht. Etwa zu jener Zeit, als in Chur schon über 30 verschiedene Weinsorten angebaut wurden, habe Henry Duc de Rohan nicht ein einziges Glas Wein getrunken, erzählt eine Legende. «Nicht weil er ihn nicht gerne gehabt hätte, wie man heute weiss, sondern weil er als praktizierender Hugenotte keinen trinken durfte», so die Erklärung von Gian Battista von Tscharner. Schilcher,
schielen - Schiller Der
Churer Schiller ist und bleibt ein Markenzeichen von Chur, auch wenn er
heute sogar im Unterland produziert wird. «Dabei schmeckt der Unterländer
Schiller lange nicht so gut, wie der unsrige», sagt Gian Battista von
Tscharner. Ein schaler Nachgeschmack aufgrund der «unsachgemässen»
(Tscharner) Unterländer Schiller-Produktion hat indes auch auf den Churer
Schiller abgefärbt. «Imagemässig», so von Tscharner, «hat dies unsere
Weine negativ beeinflusst.» Hervorragende
Churer Lagen Wenn
etwa in der zweiten Hälfte des Oktobers der Wimmlet beginnt, wird sich
zeigen, wie gut die Ernte 1999 werden wird. Trotz eines regnerischen Frühlings
und Sommers schätzt Gian Battista von Tscharner die Aussichten nicht ganz
so düster ein. «Das seit Anfang September herrschende Prachtswetter könnte
uns durchaus noch einen sehr guten Jahrgang bringen. Wie gut er letztlich
wird, sieht man aber erst bei der Ernte und beim Keltern». «Ich
liebe alle Weine» Einen
Lieblingswein hat er nicht. «Ich liebe sie alle. Je nach Lust, je nachdem
wie man sich fühlt und abgestimmt auf das Essen, gibt es immer wieder
neue Lieblingsweine». Das sei durchaus mit den eigenen Kindern
vergleichbar. Eine Antwort darauf, wer das Lieblingskind sei, könne es
nicht geben. «Aber dafür gibt es echte Hightimes. Für mich gehören
dazu: ein reifer französischer Vacherin und ein wunderbarer Pinot Gris,
oder ein alter Bündner Rotwein und wenn es warm ist, schätze ich einen
frischen Churer Schiller». Von Tscharner, der nebst den eigenen Weinen
auch über 1000 Fremdweine in seinem Schlosskeller lagert, findet es
schwierig, diesen oder jenen Wein speziell zu empfehlen. Die Wahl allein
aufgrund des Namens findet er ohnehin falsch. «Am besten ist es, sich
genau den Wein auszusuchen, der einem wirklich schmeckt». Die
Weine aus den neuen Ländern, welche die Märkte derzeit fast überfluten,
sind nach Ansicht des Weinspezialisten nicht aufzuhalten. «Glücklicherweise»,
schmunzelt von Tscharner, «gibt es noch keinen Suzuki Reserve». Wenn man
über die Importmenge jammere, «so ist das ein Zeichen für uns,
qualitativ noch besser zu arbeiten und gute Sachen auf den Markt zu
bringen». Als teuer würde der Selbstkelterer die Bündner Weine nicht
bezeichnen. «Sie sind nur teuer, weil das entsprechende Image fehlt.
Unsere Weine sind sehr gut und verglichen mit grossen Bekannten aus dem
Piemont oder Barbaresco sind sie eher zu günstig.» Viele der so hoch
dotierten Weine seien sogar plump. «Wenn wir die Trinkeleganz unserer
Weine beibehalten, werden wir auch das Image heben können». |