Das Kunstmuseum ist für alle da

Wann waren Sie zum letzten Mal im Bündner Kunstmuseum? Gestern? Vor einem Jahr? Oder noch gar nie? Im letzten Jahr jedenfalls besuchten fast 30 000 Menschen das Bündner Kunstmuseum in Chur. Das ist vor allem auch dem grossen Engagement des Bündner Kunstvereins zuzuschreiben.

Wer da glaubt, der Bündner Kunstverein sei ein elitärer Club mit ebenso elitären und hochgestochenen Ansichten über die Kunst und das Kunstschaffen, den straft allein schon die Zusammensetzung des aus mittlerweile über 1100 Mitgliedern bestehenden Vereins Lügen. Zwar haben die Mitglieder mit der Förderung der Bündner Kunst und der ständigen Kunstpflege in Chur und Graubünden alle ein gemeinsames Ziel. Doch sind sie nicht erpicht darauf, Bündner Kunst nur Kunstsachverständigen zugänglich zu machen. Im Gegenteil.
Die bemerkenswert gut bestückte Bündner Kunstsammlung mit schweizerischer und internationaler Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts und die verschiedenen Wechselausstellungen stehen immer und jederzeit allen Bevölkerungsgruppen offen. «Das Museum ist für alle da», sagt Marianne Toller, ausgebildete Juristin und seit 1994 Präsidentin des Bündner Kunstvereins. «Man muss nicht, wie viele immer noch meinen, etwas von Kunst verstehen, wenn man die Ausstellungen besucht. Kunst bedeutet doch ohnehin für jeden etwas anderes. Der eine spürt etwas dabei, wenn er ein bestimmtes Bild oder eine Skulptur betrachtet, der andere fühlt sich gerade davon nicht angesprochen.»

Jeder Besuch ein Erlebnis

Wer aber erst einmal auf den Geschmack gekommen ist, für den bieten die Kunstausstellungen im Bündner Kunstmuseum immer wieder neue bereichernde Erlebnisse. Und dabei hat der Bündner Kunstverein schon seine Hand im Spiel. Seit Jahrzehnten, genauer gesagt seit 100 Jahren, obliegt es ihm, sowohl Kunstwerke zu sammeln (heute ist dafür die Stiftung Bündner Kunstmuseum zuständig) als auch die Wechselausstellungen zusammenzustellen und sie zu gestalten. Das vom Bündner Kunstverein herausgegebene Jahresprogramm informiert dabei über die jährlich sechs bis acht Sonderausstellungen.
Die Vereinsmitglieder unterstützen Wechselausstellungen und Vorträge finanziell über die Mitgliederbeiträge sowie auf ideelle Weise. Weil aber etwa die hohen Transportkosten und Versicherungen grosse Löcher in die Vereinskasse reissen, ist der Bündner Kunstverein vor allem auch auf die Unterstützung der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft angewiesen. «Ohne diese Gelder und vor allem auch ohne die massgeblichen Zuschüsse seitens der Banken könnten wir viele Projekte nicht wie gewünscht realisieren», erklärt Marianne Toller.

Mitglieder profitieren

Beim Bündner Kunstverein freut man sich aber auch über kleine Zuwendungen, Gönnerbeiträge und auch über die glücklicherweise wachsende Anzahl der Mitglieder. Diese bezahlen einen eher bescheidenen Jahresbeitrag von 40 Franken (Einzelpersonen) respektive 60 Franken (Paare). Freischaffende KünstlerInnen, SchülerInnen und Studierende sogar nur 20 Franken. Dafür erhalten sie eine ganze Reihe von Vergünstigungen, wie reduzierten Eintritt ins Bündner Kunstmuseum, Vernissage-Einladungen, Ermässigung auf die Kataloge des Museums und den verbilligten Bezug des Schweizer Museumspasses.

Die Gründung

Gegründet worden war der Kunstverein im Jahr 1900. «Man wollte endlich selbst einmal Ausstellungen durchführen können», gibt Marianne Toller Einblick in die Geschichte. Aber schon Jahre zuvor wollten kulturell engagierte Personen die in vielen Kantonen gezeigte «Schweizerische Kunstausstellung» auch nach Graubünden holen. Doch damals besassen weder Chur noch andere Gemeinden entsprechende Lokalitäten.
Zudem mangelte es schon damals am nötigen Geld für Transport, Verpackung und Ausstellung der Werke. Auch wurde die Schweizerische Kunstausstellung nur an Sektionen des Schweizerischen Kunstvereins herausgegeben. «Eine Situation, die dann nach jahrzehntelangem Hin und Her schliesslich den Ausschlag zur Gründung des Bündner Kunstvereins gab», erklärt die Präsidentin. Bis zur Eröffnung eines richtigen Kunstmuseums sollte indes noch viel Zeit vergehen. Nach Provisorien in verschiedenen Räumlichkeiten erhielt die Kunstsammlung 1964 in der Villa Planta einen festen Platz. Im angrenzenden Sulser-Bau konnten ab 1981 Wechselausstellungen durchgeführt werden.

Museum auch für Kinder

Auch wenn das Kunstmuseum zwischenzeitlich zur gefragten Adresse wurde, hegt Marianne Toller nach wie vor den grossen Wunsch, möglichst viele Leute aus allen Bevölkerungsschichten für einen Besuch in der Villa Planta begeistern zu können. «Dass man sich nur gerade während den Ferien Ausstellungen anschaut, ist eigentlich schade. Denn wir bieten rund ums Jahr qualitativ sehr gute Ausstellungen an. Kindern», sagt sie, «sollte man ohnehin so früh wie möglich Museumsbesuche ermöglichen.» Für sie, für Lehrer, Schulen und auch für Erwachsene hält das Museum übrigens regelmässig museumspädagogische Kurse bereit.
Ob aber ihr grösster Traum von einem noch grösseren Kunstmuseum irgendwann einmal in Erfüllung gehen wird? «Auch Träume», lacht Marianne Toller, selbst begeisterte Museumsbesucherin, «werden manchmal ganz unerwartet real».

Karin Huber


Das Museumsfest

Der Bündner Kunstverein feiert sein 100-jähriges Bestehen am 2. September mit einem Museumsfest. Geplant sind künstlerische Darbietungen im und rund ums Museum und eine Gartenwirtschaft als weiterer Treffpunkt. Während des ganzen Tages und am Abend (bis 22.00 Uhr geöffnet) sind die Museumsbesuche gratis.

Wer an den regelmässigen interessanten Führungen (mit Museumsdirektor Beat Stutzer oder seiner Assistentin Isabelle Chappuis) durch die Ausstellungen und die Sammlung teilnehmen möchte, kann sich im Sekretariat des Bündner Kunstmuseums (Tel. 081 257 28 68) oder in der Tagespresse nach den Daten erkundigen. Für Gruppen, Vereine, Firmen usw. werden Führungen auch auf Voranmeldung hin durchgeführt.

Den Schweizer Museumspass (90 Franken/Jahr) kann man übers Internet unter museum.ch abonnieren.

Wer sich dem Bündner Kunstverein anschliessen möchte, holt sich am besten im Bündner Kunstmuseum eine Anmeldekarte. Tel. 081 257 28 68.

Öffnungszeiten Bündner Kunstmuseum:
Dienstag bis Sonntag, 10.00–12.00/14.00–17.00 Uhr
Donnerstag, 10.00–12.00 /14.00–20.00 Uhr
Montag geschlossen