Die Stadt Chur wird schon lange neu geplant, schon vor acht Jahren wurde der politische Auftrag dazu erteilt. Und jetzt haben wir auch einen Zwischenstand bekommen: Es beginnt alles von vorne, wir sind so klug als wie zuvor. Oder doch nicht ganz? Der neue Stadtrat hat sich sehr geschickt und diplomatisch von der Arbeit seiner Vorgänger verabschiedet, welche noch im letzten Herbst eine Botschaft für die Zonenplan- und Baugesetzrevision präsentiert hatten, die nun einfach zur Makulatur erklärt wird. Dabei hat die Arbeit der letzten Jahre doch einige Erkenntnisse gebracht.

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Stefan Bühler


Zuerst
ein See


Wir wissen jetzt nämlich, dass beim Staat die Leistung der Beamten unabhängig davon honoriert wird, um welche Art Leistung es sich handelt. Ob diese gut oder unbrauchbar ist, hat keine direkten Konsequenzen. Wir haben jetzt neue Stadträte, die leider nicht – wie in den USA – auch die Administration auswechseln dürfen. Kein Beamter muss also seine Computerkabel am letzten Arbeitstag durchschneiden, seinen Telefonapparat zerstören und die Blumen ausreissen. Solche Kraftanstrengungen sowieso nicht gewohnt, bleibt es ihnen erspart, denn sie bleiben ja.

Man könnte sich ja einmal – selbstverständlich nur gedanklich – damit befassen, wie es wäre, wenn das monatliche Salär nicht mehr in Form von Lohn, sondern als Schmerzensgeld ausgerichtet würde. So könnten Geldvernichtungsmaschinen etwas gebremst werden. Es wären dann vielleicht nicht Hundertausende in neue Lichtsignalanlagen investiert worden, um dann festzustellen, dass man den Verkehr auch flüssiger über Kreisel führen kann. Und beim Umbau des Stadttheaters hätte man vielleicht das Geld für den Toilettenbau gehabt, das für den Bau der privaten Toilette im Büro des

ehemaligen Stadtschreibers offensichtlich nicht gefehlt hat. Und in der Kasernenstrasse müsste die Stadtpolizei nicht den ganzen Tag an acht neuralgischen Kreuzungen den Verkehr regeln. Sie hätte vielmehr Zeit, Velofahrer in der Alexanderstrasse auf Tempo 30 zu prüfen oder Schlaumeier, welche die Südumfahrung über den Rosenhügel als solche ernst nehmen, beim Wendemanöver zu schnappen (Achtung: Zynismus).

Der neue Stadtrat hat mehr Mitsprache der Bevölkerung bei den künftigen Planungsvorgaben angekündigt. Jetzt endlich kommen die wirklich guten Ideen wieder aufs Tapet. Etwa jene von Architekt Thomas Domenig, der nicht mehr zusehen kann, wie dem Acker unter den Lachen jede müde Kartoffel abgerungen wird, und der sich dort einen See für Naherholung und eine – in schwarzem Marmor gehaltene – Kirche wünscht. Die zweite Ringstrasse, das Fontana-Parkhaus, die Brambrüeschbahn, der Welschdörflidurchstich und all die Tempo-30-Zonen bis zum Bahnhofdebakel machen es deutlich: die Zeiten der Gesamtkonzeptionen sind wirklich vorbei, man sollte sich wieder einmal an die Lösung von Problemen machen. Als erstes wäre der See zu planen.