Der
Wolf im Bergell, weil er 50 Schafen ans Fell gegangen ist, und der
Regierungsrat, weil seine Gattin ins Fell, oder genauer, in Pelz
gelegt wurde. Soll noch einer sagen, die Jagd sei nicht aufregend.
Das Halali begann für einmal in den Sommerwochen, wo die Gemüter
bei 33 Grad im Schatten sowieso erhitzt sind. Der für die vorgezogene
Bündner Politikerjagd zuständige Zürcher Bezirksanwalt
schickte noch schnell das Dossier nach Chur, bevor er in die Ferien
verreiste. Derweil das anvisierte Ziel selbst schon in den Ferien
weilte und weder daran dachte, zurückzukehren noch zurückzutreten.
Warum denn auch? Der Heimatschutz der Bündner Medien - die
schon lange von Alieschs Anfütterungen wussten und schweigen
mussten - ist im Jagdgesetz vorgesehen. Zwar nicht als eidgenössisches
Jagdbanngebiet, immerhin aber als südostschweizerisches Politiker-Asyl.
Das gilt natürlich nicht für Regierungsräte, die
sich zu Unrecht einen akademischen Titel oder eine Briefkastenfirma
schenken liessen. In solchen Fällen gelangt das ordentliche
Prinzip der Hetzjagd zur Anwendung. Das Medienasyl ist nur für
Intimfreundschaften geregelt. Dumm, wenn man als Bevorteilter dann
übersieht, dass es ausserhalb des Kantons auch noch kritische
Medien gibt.
Sicher ist, dass der Bergeller Wolf zum Abschuss freigegeben wird,
weil er sich mit zu vielen Schafen angefüttert hat. Sicher
ist auch, dass ein Unschuldiger nicht als Wolf im Schafspelz daherkommt,
jedenfalls nicht in der Politik. Wie heisst doch die politische
Agenda in diesem Jahr? Januar, Februar, Nerz, Athen - von Wolle
jedenfalls ist keine Rede. Der auf die richtige Länge ausgemusterte
Nerz einer kleinen pummeligen Griechin jedenfalls passt besser ins
Umfeld von Clinton und in die Staatskarosse GR 1, wenn man sich
von der Kantonspolizei herumchauffieren lässt. Zum eigenen
Schutz wohlverstanden, denn Bündner Jäger treffen manchmal
Kollegen, Kinderwagen und Traktoren. Verschont wurden bisher Frischverheiratete.
Ganz untergegangen ist ob der Aufregung eine andere Meldung. Dass
sich nämlich die 55-jährige hessische Familienministerin
nach 26 Jahren von ihrem zweiten Ehemann trennt und deshalb als
Ministerin zurücktritt. Scheidung als Rücktrittsgrund,
wie simpel! Würde man im Rahmen der Jagdbetriebsvorschriften
für den Kanton Graubünden auch solche Massstäbe setzen,
gäbe es nur noch mehr Probleme. Wenn doppelt so viele Ehen
zusammenkommen wie politische Ämter, geht das mit dem Rücktritt
nach jeder Scheidung rechnerisch nämlich nicht mehr auf. Dann
schon lieber den finalen Rohrkrepierer - frei zum Abschuss auf freiwilliger
Basis. Stefan Bühler
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