"Chur - schon fast eine Theaterstadt". Vor gut zwei Jahren erschien dieser Titel mit begründeter Einschränkung. Wenn das Stadttheater einst eine einheimische Produktion als Gastspiel aufnimmt und auf der anderen
Seite des Grabens der verbale "Konservenkrieg" eingestellt wird, wenn die Aufgabenteilung zwischen Stadttheater und der freien Szene endlich akzeptiert wird, dann ist Chur eine Theaterstadt. Und Theater ist dann nicht nur für die Besucher, Theater ist dann auch für die Theaterschaffenden schön.

 

buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler


Eigenständig

Am Gastspielkonzept für das Stadttheater Chur hat sich zwar nichts geändert und trotzdem ist einiges anders. Unter der Leitung von Andreas Berger haben sich die Schwerpunkte verschoben. Nach seinem ersten Jahr mit dem weitgehend vom Vorgänger übernommenen Spielplan hat er nun sein erstes eigenes Programm für die kommende Saison vorgestellt. Dabei fällt auf, dass die Bereitschaft für eine breite Abstützung grösser geworden ist. Sicher hatte es der Vorgänger schwer, in einem vergifteten Klima das neue Konzept durchzusetzen.
Er hat das dann auch sehr autokratisch getan. Die neue Leitung bringt die Voraussetzungen mit, Chur wieder etwas mehr Eigenständigkeit zu geben.
Jedenfalls getraut sich niemand mehr, von Konserven auf der Bühne zu sprechen, wenn eine Edita Gruberova das Programm bereichert oder das Stadttheater St. Gallen die Komödie "Der letzte Gast" von Thomas Hürlimann nach Chur bringt.
*
Der sanfte Weg zurück hat nämlich schon begonnen. Hausgemachtes hat sich angekündigt mit der Konzertreihe des Klassik Forums Chur, neu in diesem Jahr zusätzlich der Zyklus "Frauenbilder Frauenstimmen" und "Blickfelder - Kinder- und Jugendfestival", und sogar In Situ wird das Stadttheater wieder umarmen. A propos arm: Mehr Geld steht auch der neuen Leitung nicht zur Verfügung, umso erfreulicher ist es, dass Andreas Berger für Chur ein respektables Angebot bereitgestellt hat. Vielleicht gehört er zu jenen Idealisten, deren Liebe zum Geld unerwidert bleibt und der trotzdem das Beste daraus macht. Oder, wie er selbst meint: "Das Programm soll in seiner Vielfalt die Lebendigkeit und Qualität der Bühnenkünste unter Beweis stellen." Ein solches Programm ist vorbereitet (zu finden unter www.stadttheater-chur.ch), jetzt braucht es noch das Publikum, das zum neuen Churer Stadttheater steht.

Stefan Bühler