Bei den Löhnen ist ja alles relativ, wie wir
bei Mario Corti
mit seinem 13,5-Millionen-Vorausgehalt, Percy Barnevik mit der 148-Millionen-Abgangsentschädigung, Göran Lindahl mit 85 Millionen und anderen Musterbeispielen aus den Beletagen mitbekommen haben. Da war der Churer Mathis Cabiallavetta geradezu bescheiden, als er 1998 seinen Abgang bei der UBS mit 15 Millionen verschönerte.
Das entspricht dem Lohn, den ein Schweizer Arbeitnehmer durchschnittlich in 230 Jahren verdient. Würde man die Leistung richtig honorieren, gäbe es ein völlig falsches Bild. Da bekäme ein Regierungsrat, der andern die Arbeit überlässt, nicht mehr das Gehalt wie früher, wohl eher eine Tracht Prügel.

 

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Stefan Bühler


Wo das Geld herkommt

Ernest Hemingway führte im Guinness Buch der Rekorde lange die Liste des bestbezahlten Journalisten an, bekam er doch für eine Reportage über einen Stierkampf pro Zeile 200 Dollar. Inzwischen wird diese Marke durch die romanische Nachrichtenagentur ANR gefährdet, deren Zeilenproduktion - geteilt durch die Million verschleuderter Steuergelder - nahe an Hemingway herankommt. Aber bekanntlich liegt ja das Geld auf der Strasse, man muss nur genug davon hinwerfen.
Zurzeit sind allein in Chur ein Bahnunternehmen, alle Kulturschaffenden sowie der EHC Chur auf Geldsuche. Ein schwieriges Unterfangen, man weiss ja nie, wo anfangen. Das liegt hauptsächlich daran, dass wir die unter uns weilenden Superreichen nicht kennen. Die Politiker scheiden auf jeden Fall aus, sie sind die einzigen, deren Gehalt öffentlich ist. Und zudem brauchen sie ihr schwer verdientes Geld für den Wahlkampf. Wir kennen unsere Reichen deshalb nicht, weil im Gegensatz zu den USA die Lohntüte bei uns ein Tabu ist. Das wusste auch unser Literatur-Nobelpreisträger Carl Spitteler: "Derselbe Mensch, der einem ungefragt mitteilt, wie alt er ist und wie viele Kinder er hat, der einem im harmlosesten Ton von seiner Gicht, von der Blinddarmentzündung seiner Frau erzählt, würde um nicht in der Welt offenbaren, wie viel er im Jahr einnimmt."
So kommt es, dass man bei uns halt nur die Leute kennt, die kein Geld haben, weil diese im Amtsblatt publiziert werden. Dabei hat arm sein ja auch einen Vorteil: es kostet nichts. Und man kann auf Ferien am Meer verzichten, weil man schon Ebbe im Portemonnaie und auf dem Tisch eine Flut von Rechnungen hat.
Geld macht nicht glücklich, es muss einem auch gehören. Das wissen unsere Manager natürlich. Für sie bedeutet die Pension die ratenweise Nachzahlung des Lohnabzuges unter Berücksichtigung der Steuerersparnis. Dass Geld bei ihnen den Charakter verdirbt, würde uns wundern. Verderblich kann nur sein, was man auch hat. So leben wir weiter in der Gewissheit, dass der durchschnittliche Schweizer 5220 Franken im Monat verdient. Damit gehört er nicht der Abzockergilde an.
Jetzt, wo wir gerade die Steuererklärungen ausfüllen dürfen, müssen wir wieder einmal schmerzlich erfahren, wie viel wir sparen könnten, wenn wir überhaupt kein Einkommen hätten. So ist es am besten, wenn wir uns an den Ratschlag halten: Sei freundlich zu jedermann, bis du eine Million hast, nachher ist jedermann freundlich zu dir. Das gilt vor allem für jene, die für Bahnunternehmen, EHC und Kulturschaffende sammeln müssen.

Stefan Bühler