Soll ja niemand behaupten, es gäbe im Monat Juli keine schöneren Alternativen zu Mallorca, Rimini oder zur Expo, ganz im Gegenteil. Die UHU-Ferien - Ums Huus Ume - zählen noch immer zum Schönsten, was wir uns selbst antun können. Die Stadt ist wie ausgestorben, andere ziehen scharenweise in die Ferne, müssen zuerst den Unterschied zwischen Phase rot und Fahrplan blau am eigenen Leib spüren, derweil die Daheimgebliebenen himmlische Zeiten erleben können. Kaum Ablenkung durch die dünnen Zeitungen oder durch die Wiederholung der Wiederholung einer Fernsehsendung, die einem schon beim ersten Mal als billige Kopie erscheint. Kein Anstehen im Laden, und selbst im Freibad bekommt man die schattigen Plätze problemlos. Wer zu Hause bleibt, hat mehr vom Sommer.

 

buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler


Mehr Sommer
mit UHU

Das heisst natürlich nicht, dass man sich in seinen eigenen vier Wänden einschliessen soll. Zu Hause ist man dort, wo die Heimat ist. Geografisch lässt sich das nicht einfach begrenzen, mit Sicherheit gehören das Churer Joch, Brambrüesch und die Rote Platte dazu. Ein wenig natürlich auch der Vierwaldstättersee, das Verzascatal und der Rheinfall. Jener mit h bei Schaffhausen, nicht der andere, den man fälschlicherweise als Schweizerische Landesausstellung bezeichnet hat. Dieser Reinfall kann schon deshalb nicht zur Heimat gezählt werden, weil keine Schweizer Fahnen und keine Schweizer Architekten erlaubt sind. Mithin also ein Gebilde
namens Expo entstanden ist, das beliebigerweise überall ein Milliardendefizit verursachen könnte, weil es explizit mit dem Land, den Unternehmen und den Steuerzahlern, welche die sich selbst feiernden Künstler finanzieren, nichts zu tun haben will.
Der Expo sei Dank, dass sie verantwortlich dafür ist, wenn man die Liebe zur Heimat neu entdeckt. Drei Wochen zu Hause müssten reichen, um sich von den drei Tagen an der Expo zu
erholen. Schlangenstehen können wir im Winter dann wieder am Skilift. Wenn wir das hinter uns haben, wissen wir wenigstens, dass uns eine Abfahrt bevorsteht. Nach dem stundenlangen Schlangenstehen auf den Arteplages erwartet uns keine Abfahrt als Belohnung. Wohl aber eine Abfuhr an eine Erwartungshaltung, die von den Künstlern halt nicht geteilt wird. Der Grundsatz, dass der Wurm dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler, haben jene, die eine Ausstellung konzipierten, die sich als Nicht-Landesausstellung entpuppt, glatt vergessen.
So wendet sich unser Blick halt wieder jenen Orten zu, die uns bislang und noch viele Jahre mehr herausfordern werden als zwei leere Räume in einem Millionen-Monolith, wo eine Diashow und ein Schlachtbild (ohne Erläuterung) alles ist, was es zu sehen gibt. Im Märchen "Des Kaisers neue Kleider" von Hans Christian Andersen sagt es ein Kind, was niemand vorher wahrhaben will: "Aber er hat ja gar nichts an." Ähnlich die Stimme eines Schülers in Murten nach zwei Stunden Wartezeit und einem viertelstündigen Aufenthalt im Rostwürfel: "Da ist ja gar nichts drin." Darum zurück aufs Joch, auf den Calanda oder nur in den Fürstenwald. Denn da liegt wirklich etwas drin, was andernorts nicht annähernd gefunden werden kann.

Stefan Bühler