Sonderausstellung "Phänomen Jagd"
Zur Zeit wird im Bündner Natur-Museum an der Masanserstrasse
31 die Sonderausstellung "Phänomen Jagd" gezeigt, die sich
bewusst auch an Nichtjäger richtet. Sie gibt Einblick in alle wichtigen
Aspekte der Jagd, auf dass alle im Bilde sind, wenn im September die Nimroden
durch das Bündner Gebirge pirschen.
Text: Dr. Jürg P. Müller
Die Jagd ist in Graubünden ein Dauerthema. In den Familien, im Grossen
Rat, an den Stammtischen, in den Jagdhütten und in den Medien wird
eifrig diskutiert und kommentiert. Einzelne Aspekte wie zum Beispiel die
Sonderjagd auf Rothirsch und Reh gelangen zur Zeit unverhältnismässig
stark in den Mittelpunkt. Die Ausstellung "Phänomen Jagd"
wird im Rahmen der Veranstaltungen zum Jubiläum "125 Jahre Bündner
Patentjagd" durchgeführt.
Sie möchte auf die Breite und die Vielschichtigkeit des Themas hinweisen.
Jagd hat mit so unterschiedlichen Bereichen wie zum Beispiel Wildbiologie,
Politik, Naturschutz, Schiessfertigkeit und Nahrungsproduktion zu tun.
Authentisches Bildmaterial
Neben Problemen möchte die Ausstellung auch Erfolge aufzeigen: Seit
es Statistiken gibt, zählte man in Graubünden noch nie soviel
Wildtiere wie heute. Die ganze Ausstellung ist modulartig aufgebaut. Im
Zentrum steht die "Zeitgasse", die dem Besucher mit den Zeitschnitten
1880, 1920, 1960 und 2000 vor Augen führt, wie sehr sich in Graubünden
die Lebensweise der Menschen, der Lebensraum des Wildes, die Wildbestände,
die Jagd und der Jäger geändert haben. Das authentische Bildmaterial
verblüfft auch gute Kenner unseres Kantons. Eindrucksvoll belegt
ein Film mit Freilandaufnahmen, die alle im Frühling 2002 gemacht
wurden, wie gut heute die Wildbestände sind, gerade wenn man sie
mit dem Jahre 1880 vergleicht. Damals waren Wald und Weide in Graubünden
stark vom Weidevieh übernutzt. War früher wirklich alles besser?
Die Jagdplanung ist ein modernes Instrument für die naturgerechte
Bejagung von Wildbeständen. Ihre Grundlage ist die saubere Erfassung
der Wildbestände durch die Jagdaufsichtsorgane. In der Öffentlichkeit
gibt immer wieder der Abschuss von Jungtieren zu emotionsgeladenen Diskussionen
Anlass. Er ist dann notwendig, wenn hohe Bestände reguliert werden
müssen. Bambis werden allerdings nie gejagt. Präparate verschiedenster
Altersstufen zeigen, wie rasch sich Rehkitze entwickeln.
Die Hege ist ein wichtiger Beitrag der Jägerschaft zur Erhaltung
des Lebensraumes. Die frühere intensiv praktizierte Winterfütterung
wurde von der Biotophege abgelöst. Dabei geht es um die Gestaltung
einer wildfreundlichen Umwelt, zum Beispiel durch das Anlegen von Hecken
und Feuchtgebieten. In den Bereich der Hege gehört auch die Wiederansiedlung
von Bartgeier und Alpensteinbock.
Volksjagd mit politischer Bedeutung
Neben den Wildtieren steht der Jäger im Zentrum der Ausstellung.
Seine Motivation zu jagen, sein jagdliches Können, seine Waffen und
seine Ausbildung sind wichtige Themen. Gibt es den typischen Bündner
Jäger überhaupt? Gross ist der Individualismus, klar sind hingegen
die gesetzlichen Vorgaben, die für alle gelten.
Die Geschichte der Bündner Patentjagd lässt verstehen, warum
die Volksjagd auch eine politische Bedeutung hat. Das Recht zu jagen steht
auch für eine Freiheit, die seit eh und je hartnäckig verteidigt
wird. Eine interaktive Computeranimation zum Thema "Jagdbares Wild
und Jagdarten" wird vor allem beim jüngeren Publikum gut ankommen.
Jede Jagd endet mit dem Töten von Tieren. Eingehend wird dargestellt,
dass der Jagdtrieb nicht nur dem Menschen eigen ist. Alle Tiere, die nicht
in der Lage sind, sich von grünen Pflanzen zu ernähren, haben
keine andere Alternative als das Beutemachen. Wo steht der Mensch, wenn
er nicht mehr zum Nahrungserwerb jagt?
Spezielle Führungen auf Anfrage
Die Ausstellung bietet eine Fülle von Informationen zu einem vielschichtigen
Thema. Sie richtet sich an Jäger und Nichtjäger, die an einer
sachlichen Diskussion interessiert sind und ihre Kenntnisse auffrischen
und ergänzen möchten. Für Gruppen werden nach Voranmeldung
spezielle Führungen angeboten.
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