Nadine wird Werbung machen für Chur und hat sich dabei schon erste
Verdienste erworben. Mit ihrem Bekenntnis zu Brambrüesch nämlich
holte sie bei der letzten Abstimmung die entscheidenden Stimmen
für eine Mehrheit zugunsten der Bahn. Eine ehemalige Miss Texas
hat uns schon gezeigt, wie man es als Botschafterin macht. So stellt
man sich eben auch eine Miss Schweiz vor, als Botschafterin ihrer
Heimat ohne politische Verdorbenheit. Da konnten Stadtrat, Gemeinderat,
Parteien und die Medien eine geballte Nein-Front gegen die Initiative
Pro Brambrüesch aufbauen, bis eine Miss kommt, die von sich behauptet,
von Politik nicht viel zu verstehen. Und das ist gut so. Es gewann
die emotionale Seite Oberhand. Die neue Miss Schweiz wird uns sicher
noch weiter viel Freude bereiten. Nicht nur hier wird sie ihre Auftritte
haben, es zieht sie sogar ins Ausland. Was ja schliesslich auch
sehr rücksichtsvoll von ihr ist. Die Initianten für die Erhaltung
der Brambrüeschbahn setzten eben auf die Miss Schweiz, die Gegner
auf die Miss Lungen.
Nur weil das Volk im Zuge der Misswahlen für einmal der Politik
mit der Miss Trauen begegnete, heisst das noch lange nicht, dass
Chur bald auch die Miss Wirtschaft stellen wird. "Erholung muss
nicht rentieren", heisst der Slogan der Stunde. Es gibt genug andere
Faktoren, die unser Leben verkürzen. Alkoholismus etwa reduziert
die Lebenserwartung um 12 Jahre und Einsamkeit um 5 Jahre. Der Entscheid
ist also nicht einfach, ob man nun trinken soll, um nicht allein
zu sein. Oder umgekehrt. Einfacher Alkoholkonsum trägt nur zu einer
Reduktion von 125 Tagen bei und liegt damit noch vor der Tätigkeit
in einer Regierung, welche die Lebenserwartung um 60 Tage senkt.
Stürze werden mit 28 Tagen gelistet, wobei die Regierungstätigkeit
und die Stürze nicht kumuliert werden dürfen. Hundebisse sind zu
vernachlässigen (0,12 Tage), nicht aber eine rudimentäre Schulbildung,
die unser Leben um 900 Tage verkürzt. Womit wir bei der um sich
greifenden Miss Bildung sind, wie sie in der Pisa-Studie zum Ausdruck
kommt. Wie schlecht es um die deutsche Sprache steht, hören wir
täglich am Radio. Und geschichtliche Zusammenhänge sind schon längst
nicht mehr gefragt. Wer weiss heute schon, dass Peter Ustinov einst
Rom angezündet hat? Investieren wir also lieber wie bei Brambrüesch
in unsere Jugend, statt uns immer schneller in immer mehr Kreisel
zu bewegen.
Stefan
Bühler
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