"Weine sind wie Frauen mit einem schönen Décolleté"

Dieser Satz - gehört einst an einer hochkarätigen Weindegustation - blieb haften. Ebenso das krasse Gegenteil: "Ein Wein wie nasse Socken." Ja, manchmal ist es schwierig, gute und noch bessere Weine zu finden. Eine Spürnase für das Besondere beweisen einige Churer Weinhändler und Vinotheken.

Text: Karin Huber
Bilder: Walter Schmid

Chur, das liebenswerte Provinzstädtchen, ist in manchen Dingen gar nicht so provinziell, wie man es ihm gerne unterstellt. Das Weinangebot jedenfalls, das hier angeboten wird, ist weltumspannend. Durch die Kenntnisse der Anbieter ist es aber auch von jener hohen Qualität, die es nicht einfach macht, eine Auswahl zu treffen. Letztendlich entscheidet aber der Weintrinker selbst, was gut ist und was noch besser ist, denn vieles ist einfach eine Geschmacksfrage, über die man sich ja bekanntlich streiten darf. Milo Pfister, legendärer (ehemaliger) Stern-Hotelier und bekannt für seine gute Nase, hat für sich jedenfalls schon lange den Schluss gezogen, dass man sich nicht auf die Etikette, sondern bescheiden auf die Güte und Wertigkeit des Weines konzentrieren sollte. Pfister war es auch, der immer wieder sagte, dass es im Leben Momente gibt, wo man höchste Lust empfinden darf, ohne an einen Preis denken zu müssen. In den Churer Weinkellern, Lädelchen, Shops und Vinotheken könnte eine Reise um die Welt ihren Anfang nehmen. Eine Reise durch die Welt der Weine, die ohne Stress und Hektik ist und viele lustvolle Momente beschert.

Liebevoll gepflegter Weinkeller
Unsere Reise beginnt im Weinkeller von Markus Thöni an der Reichsgasse 61. Ausgetretene Steinstufen führen hinab in den Gewölbekeller. Markus Thöni, seit über zehn Jahren nebenberuflich im Weingeschäft, hat schon vor 20 Jahren die Liebe zu den Weinen entdeckt. Diese Liebe ist gewachsen, genau so wie sein Sortiment. Dieses hat er gezielt und kenntnisreich zusammengestellt: Weine aus dem Rhonedelta von Condrieu bis ins Languedoc, vorwiegend mit Sirah- und Granache-Trauben. Es finden sich eine schöne Auswahl aus Deutschland und Österreich, gute alte und teilweise auch die neuen italienischen Weine. "Da wird die Tradition mit der Moderne so vinifiziert, dass der Wein einen Qualitätssprung nach vorne macht", sagt Thöni. Sein Hauptprodukt aber kommt aus Spanien und heisst El Coto Mayor Crianza, ein Rioja aus 100-prozentiger Tempranillo-Traube, traditionell in grossen Holzfässern und für kurze Zeit auch im Barrique ausgebaut. Markus Thöni bietet seine Weine (und auch ein feines Whiskysortiment) vor allem Privatkunden an. Geöffnet ist Thönis Weinkeller immer freitags von 14.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 9.00 bis 12.00 Uhr. Probieren kann man seine Weine nun ebenfalls in der Weinstube Schlüssel in Zizers.

Weingeschichte und Geschichten
In der ehemaligen Postremise an der Engadinstrasse weiss sich die Vinothek Brancaia wunderschön als Wein-Begegnungsstätte in Szene zu setzen. Die Vinothek Brancaia, ein Unternehmen der Vintra SA, Zürich, dessen Geschäftsführer der Churer Urs Schmid ist, bietet sowohl Privat- als auch Gastronomiekunden eine fabelhafte Weinauswahl an. La Brancaia ist eine Weinmarke, die seit einigen Jahren als einer der jungen Sterne am Weinhimmel der Toskana zu leuchten begann. Trotz seiner noch jungen Jahre hat das sich im Besitz des Schweizer Unternehmers Bruno Widmer befindliche Weingut bereits Weingeschichte geschrieben. Nebst den ausgezeichneten Brancaia-Weinen findet der Weinliebhaber ein überraschendes Angebot an erlesenen Wein-Klassikern, jungen und modernen Weinen, Neuentdeckungen und interessanten Spezialitäten. "Und dies alles ohne Schwellenangst und auch für Einsteiger der schier unendlichen Welt des Weins", wie Urs Schmid erklärt. Schwerpunktmässig konzentriert hat sich Urs Schmid auf Weine aus Italien, Spanien und Frankreich. Angeboten werden auch Degustationen, Kurse und Gesprächsplattformen zum Thema Wein. Die nächste Degustation, die allen Interessierten offen steht, ist angesagt vom 17. bis 19. Oktober.

Mehr als Ferienerinnerungen
Machen wir eine Sprung in die "Antike", genauer gesagt zu den Griechen, die ihre Weinqualitäten in den letzten Jahren sehr gesteigert haben. Ein ausgewogenes Sortiment an griechischen Weinen findet man bei Babis, dem Griechen mit Churer Bürgerrecht an der Oberen Gasse in Chur, dort wo Weinfreunde erst unlängst den Verein Dyonisos gründeten. "Wir Griechen haben", so Babis, "ausser Retsina und Ouzo auch sehr gute Tropfen anzubieten." Nausa, Chalkidiki oder Nemea etwa zählen in Griechenland zu den besten Lagen. Merken sollte man sich auch die wichtigsten Produzenten wie Gerowasiliou, Lasaridis, Carras, Boutaris oder Tsoutalis und die Rebsorten Xinomavro, Limnio (älteste Rebe), Asyrtiko, Agiorgitiko, Vilana. Weine bester Qualität werden aber heute auch gekeltert aus Merlot-, Chardonnay- und Syrah-Trauben. Babis, der auch Weinreisen nach Griechenland organisiert, bietet Weine aus fast allen griechischen Weinregionen an zu Preisen zwischen 10 und 40 Franken. "Mit diesen Weinen kann man seine Ferien verlängern, die Erinnerungen daran auffrischen und erst noch einen guten Tropfen geniessen."

Vino, Pane e Picacere
Wein, Brot und Freude - dieses Leitmotiv hat sich die Vinoteca Controvini an der Steinbruchstrasse zu Recht gegeben. Lassen wir einmal das Brot, das etwa für köstliche Bruschetti, Crostini, Paninis und Parmigiano steht, beiseite und konzentrieren uns auf die Weine, die echte Freude bereiten und den Alltag in die Ferne rücken lassen. Im "Controvini" kennt der Sommelier die über 200 Weine, die er anbietet, ganz genau und das reduziert die Qual der Wahl ganz enorm. Und so ist die Reise in die Weinwelt gleichsam eine ungetrübte Reise des Genusses, ganz egal ob man nun den Reizen der Toscana erliegt, den samtigen Geschmack des Burgunds auf der Zunge spüren oder die Weiten Australiens geniessen möchte. Zur Auswahl stehen 30 offene und weitere rund 200 ausgesuchte Weine bester Qualität.

Der Bischof und sein Wein
Wir machen einen Abstecher ins Weinhaus Cottinelli in Malans, nicht allein weil dieses Haus heute der grösste Eigenkelterer in der Region ist und als Weinhändler mit einem Sortiment von Weinen aus allen berühmten Weinanbaugebieten der Welt aufwartet, sondern vor allem, weil hier seit 1999 die Weinspezialitäten aus der Bischöflichen Domaine zwischen Chur und Zizers gekeltert werden. Mit der Weinlinie "Amedeo" hat sich Cottinelli - lanciert im Namen des Bischofs Amedée Grab - ganz der Qualität verpflichtet. Entstanden sind innerhalb dieser Linie vier Spezialitäten, darunter der "Amabilis" sowie ein Churer Schiller aus der Churer Weinlage Halde und St. Luzi. In Chur wachsen auch der Chardonnay, der in französischen Barriques ausgebaut wird, und der Churer Schiller Lürlibad, der aus Blauburgunder- und Pinot-Gris-Trauben entsteht. "Unsere Weine", so erfährt man im Weinhaus Cottinelli, "müssen im Glas das Ergebnis unserer Anstrengungen zur Qualitätssteigerung im Rebbau und in der Weintechnologie bestätigen." Probieren kann man die Weine in der Vinoteca des Weinhauses Cottinelli im Karlihof in Malans täglich ausser Sonntag sowie in der Vinoteca Controvini.

Zuerst wird degustiert
Ganz gemütlich lässt man sich, wann immer man mag im Degustations-Stübli der Weinhandlung Zanolari an der Salvatorenstrasse in Chur nieder, um in die Welt grosser Weine einzutauchen. Rudolf und Silvio Zanolari verstehen etwas von erstklassigen Weinen. Sie wissen viel zu erzählen sowohl über ihre eigenen selbst gekelterten Veltliner Weine als auch über die reichhaltige Auswahl erlesener Weine aus dem übrigen Italien, der Schweiz, Frankreich, Südafrika, Kalifornien, Chile und Australien. "Aufnahme ins Sortiment findet nur, was einer peinlich genauen Degustation unterzogen wurde und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet", sagen die Nachkommen einer traditionsreichen Weinkelter- und Weinhändler-Familie. Schliesslich hat bereits Ururgrossvater Zanolari, einst Gründer der Veltliner-Weinhandlung Zanolari, gewusst, was die Qualität eines Weines ausmacht. 127 Jahre später hat sich zwar viel verändert, in Qualitätsfragen aber werden in dem erfolgreichen und weit über Graubündens Grenzen hinaus bekannten Unternehmen noch immer keine Kompromisse geschlossen. Um sich in der grossen Auswahl nicht zu verlieren, greift man am besten auf die grossen Kenntnisse von Rudolf und Silvio Zanolari zurück oder lässt sich von den geschulten Mitarbeitern beraten.

Mediterranes Lebensgefühl
Man muss wohl ein grosser Weinliebhaber und Weinkenner sein, um das Wagnis einzugehen, ein Weingeschäft zu eröffnen. Kurt C. Sutter-Schneider hatte zusammen mit seiner Frau den Mut und richtete vor gut vier Jahren an der Masanserstrasse das Geschäft "Uno in Più SA", Casa e Giardino, ein. Weil er ausgesuchte Weine italienischer, spanischer und französischer Provenienzen bester Qualität anbietet und seinen Privatkunden mit Rat und Tat zur Seite steht, hat er sich eine treue Stammkundschaft aufbauen können. Sutter kauft ausschliesslich Qualitätsweine in Originalabfüllungen direkt von den Weingütern, wo er vorwiegend die Spezialitäten und Raritäten aussucht. "Wir kennen die allermeisten Winzer persönlich", so Sutter, der auch experimentierfreudige Oenologen fördert, indem er deren Weine in seinem grossen Sortiment (350 Weine) führt. Von kurzlebigen Trends hält Kurt C. Sutter allerdings nicht viel, denn viel wichtiger ist ihm die Qualität des Weins. Wer auch sonst den mediterranen Lebensfreuden nicht abgeneigt ist, wird im "Uno in Più" ebenfalls fündig auf der Suche nach erlesenen Portweinen, Single Malt Whisky, Olivenöl und Aceto Balsamicos.
Weitere Weinangebote: Vini Per Bacco, Benedikt Barandun, Dianaweg 10, Chur, und "Bacchus" an der Bündtestrasse Chur.



zurück