Adlatus

"Wir springen ein, wenn Not am Mann ist"
Die Tischrunde unterhält sich gut. Allerdings diskutieren die acht Männer nicht nur über "Gott und die Welt". Ihre Gespräche drehen sich vielmehr um jene Vereinigung, die seit rund zwei Jahren kleinen und mittleren Betrieben sowie JungunternehmerInnen mit Rat und Tat beiseite steht: Adlatus.

Text und Bild: Karin Huber

Die Adlaten, wie sich die Mitglieder der Vereinigung von Fachexperten und erfahrenen Führungskräften nennen, wissen als Frühpensionierte durchaus das Leben zu geniessen. Aber: Sie stellen ihr grosses Know-how jenen kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung, die von ihren langjährigen Erfahrungen profitieren möchten. Und das ist mittlerweile doch schon eine ansehnliche Anzahl Ratsuchender. So springen die Adlaten immer dann ein, wenn Not am Mann oder der Frau ist.

Vielseitiger Einsatz
Sie testen im Auftrag etwa Tankstellen, erarbeiten Marketingkonzepte, erstellen Businesspläne, lösen ebenso Nachfolge- als auch gastronomische oder touristische Probleme, stehen als Berater für das Versicherungsportefeuille zur Verfügung, oder werden von heute auf morgen interimistischer Leiter einer Fabrikproduktion. Besonders gefragt sind Beratungen in den Bereichen Finanzen und Marketing. "Sehr oft", so Rageth Näf, Leiter der Adlatus-Regionalgruppe Südostschweiz, "sind es Start-, Übernahme- und Sanierungsprobleme, die an uns herangetragen werden. Leider passiert es immer wieder einmal, dass wir viel zu spät beigezogen werden und den Brand dann vielleicht nicht mehr löschen können." Wenn Rageth Näf in seinem Büro in Chur sitzt, sichtet er die eingegangenen Anfragen. Diese leitet er dann ganz gezielt an jene Adlaten weiter, von denen er weiss, dass sie als Fachmänner über das notwendige Wissen verfügen. "Weil unsere Mitglieder beruflich in den verschiedensten Fachgebieten tätig waren, gibt es praktisch keine Aufgabenstellung, die wir nicht lösen können", sagt Näf.

350 Fachexperten
Gegründet wurde die Schweiz weit tätige Organisation bereits vor 20 Jahren von einer kleinen Gruppe von aktiven Senioren am Zürichsee. Heute arbeiten rund 350 erfahrene Fachexperten stunden- oder tageweise oder stehen den kleinen und mittelgrossen Unternehmen auch über längere Zeit für bestimmte Projekte zur Verfügung. In der Region Graubünden, Liechtenstein und St. Galler Oberland sind derzeit 14 bis 16 ehemalige Führungskräfte aktiv als Adlaten tätig. "Eine Frau hätten wir gerne bei uns", erzählt Näf, "leider hat sich noch keine dafür entscheiden können, sich im Rahmen von Adlatus zu engagieren" bedauert er. Hans Morgenegg, versiert in Bank- und Finanzierungsfragen, macht seinen neuen Nebenjob aus Freude. "Ich finde es gut, dass man als Pensionierter noch gefragt und gebraucht wird. Das Engagement erhält jung und man wird gefordert." Auch Hans Küng, langjähriger Air Grischa-Direktor, hat sich vor kurzem Adlatus angeschlossen, "weil ich noch viel zu jung bin, um meinen Geist verkümmern zu lassen und der Motor nach der Pensionierung weiter läuft". Heinrich Meli, ehemaliger Direktor der Landwirtschaftlichen Schule Plantahof, stellt fest, "dass man als älterer Mensch noch als wertvoll empfunden wird". Die Adlaten haben erkannt, dass die Erfahrung eines ganzen Berufslebens zum Nutzen der Gesellschaft einsetzbar bleiben sollte. Ihre Motivation liegt daher nicht in der Aussicht auf ein hohes Honorar, sondern sie sind überzeugt, dass gesunde Klein- und Mittelunternehmen für die Schweizer Wirtschaft von herausragender Bedeutung sind.

Finanziell unabhängig
Weil Adlatus den in der Regel finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten kleinen Unternehmen und Jungunternehmern günstige Stundenansätze verrechnet, setzt die Vereinigung bei ihren Mitgliedern auch die finanzielle Unabhängigkeit voraus. Die Philosophie geht auf. Im Markt tätige Dienstleistungsunternehmen werden kaum konkurrenziert und die Adlaten selbst bewahren sich ihre Unabhängigkeit. Guido Kaufmann, spezialisiert auf Qualitätsmanagement in Nonprofit-Organisationen: "Wir können jederzeit bei Adlatus aussteigen. Wir sind nicht verpflichtet, Arbeiten zu übernehmen."

Ein Herz für Tiere
Zeitlich ist der Aufwand für die Adlaten denn auch gut verkraftbar. Rageth Näf setzt pro Woche einen halben bis einen Tag für die Organisation ein. Heinrich Meli dürfte derzeit ebenfalls auf rund 20 Stunden Arbeitseinsatz pro Monat kommen. Er wurde damit betraut, das Neubauprojekt des Churer Tierheims zu begleiten. Und er freut sich ganz enorm, mehr noch, er "brennt vor Begeisterung", sein Wissen einbringen zu dürfen. Meli bringt nicht nur Verwaltungs- und Baukenntnisse mit, er besitzt ebenso grosses Einfühlungsvermögen für Tiere. "Diese Aufgabe", erzählt er, "ist deshalb genau auf mich zugeschnitten." Das Tierheim in Chur, so Meli, sei das einzige in der weiteren Region, das Findel- und Verzichttiere aufnimmt. "Das heutige Gebäude ist nicht tierschutzgerecht ausgestaltet und hat viel zu wenig Platz für die Tiere. Zudem ist das Tierheim winters zu kalt und sommers viel zu heiss sowohl für Tiere wie für Menschen". Notwendig für den Bau des neuen Tierheims sind wenigstens 2 bis 2,5 Mio. Franken. "Sobald wir anderthalb Mio. Franken zusammen haben, können wir anfangen zu bauen". Vorgesehener Baubeginn ist im Herbst 2003. Ein Jahr später dann könnte das Tierheim bezugsbereit sein. "Wir freuen uns", so Guido Kaufmann, "dass wir Adlaten auch etwas zu diesem Projekt beitragen können."

Adlatus Kontaktstelle für die Region Südostschweiz:
Rageth Näf, Vazerolgasse 1, 7000 Chur, Tel. 081 250 59 63,
e-mail: info@r-naef.ch

 

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