Nun kommt ausgerechnet die Bündner Kantonsschule
auf die Idee, aus Anlass der 200-Jahre-Feier ein dreisprachiges
Festspiel zum Thema Walpurgisnacht aufzuführen. Das ist sehr
verdienstvoll und gibt Gelegenheit, der Frage nachzugehen, was denn
einstige und heutige Hexen so alles zaubern und welchen Pakt sie
mit dem Teufel geschlossen haben.
Dichter und Denker waren ebenso fasziniert und inspiriert von den
Hexen, ihrer Magie und ihren Ritualen. Gedichte gibt es von Theodor
Storm oder von Gustav Meyring. Felix Mendelssohn Bartholdy hat in
seinem Opus «Die erste Walpurgisnacht» musikalisch verarbeitet.
Oder Gustav Edgren im schwedischen Spielfilm «Walpurgisnacht»
von 1935 mit Ingrid Bergmann. Über allen aber steht Johann
Wolfgang Goethes Faust, wo Mephistopheles und Faust die Walpurgisnacht
im Harzgebirge erleben.
Eine Bauernregel sagt: «Ist die Hexennacht voll Regen, wird's
ein Jahr mit reichlich Segen!»
Dass die Hexen faszinieren, hat der Churer Bischof Christian Caminada
selbst festgestellt, wie in seinem Büchlein «Die verzauberten
Täler» nachzulesen ist. Als Wahrsagerinnen haben sie
es früher nicht wie Madame Tessier 57 Mal aufs Titelbild der
Schweizer Illustrierten geschafft, dafür aber nachhaltigeren
Ruhm erworben. Etwa die Ulrika in Giuseppe Verdis Maskenball, die
der verheirateten Amelia den Zaubertrank erklärt, damit sie
der verbotenen Liebe mit dem Grafen von Warwich entsagen kann. Dass
dieser dann vom gehörnten Gatten Amelias massakriert wird,
ist tragisches Schicksal, zurückzuführen auf eine Kommunikationspanne.
Das Zaubertrankrezept Ulrikas an sich wäre schon gut gewesen.
Im Buch «Hexenwahn und Hexenprozesse im Bündner Oberland»
schreibt der Autor, Hubert Geiger, dass in den Gerichtsgemeinden
der Surselva zwischen 1623 und 1732 weit über 300 Personen
der Hexerei verdächtigt wurden, wobei mindestens 120 Personen
den Tod durch Hinrichtung fanden. Diese brachialen Hinrichtungen
gab es noch bis zum Jahre 1700, sie wurden dann abgelöst durch
das Aufkommen der Presse.
Im aktuellen Hexenprozess erfolgt der Aktenaustausch zwischen der
Lea und dem Peter über den «Blick». Aber wen interessiert
es denn schon, dass einer mit dem Existenzminimum von Fr. 1010.–
monatlich auch noch leben und eine Firma gründen muss, derweil
seine Noch-Gattin kein Geld für die Mottenkugeln ihres Pelzes
hat und gezwungen ist, wie andere arme Leute im Quellenhof Ragaz
zu verkehren. Da gilt auch der Einwand nicht, dass jetzt das Strassenverkehrsamt
öffentlich Autonummern an den Meistbietenden versteigert. GR
10 ist weg.
Einst hatte die Regierung entschieden, dass der rechtmässige
Neffe von John Knittel keines von dessen beiden einstelligen Nummernschildern
übernehmen darf. Im neusten Entscheid der Regierung erfolgte
die Schilderübergabe GR 10 entgegen bisheriger Praxis rechtmässig
an den recht mässigen heutigen Halter.
Walpurgisnacht, das liebe Geld und die nach unten offene Gürtelskala
hat Goethe früh erkannt, wenn er Mephistopheles in Faust sagen
lässt:
Fasse wacker meinen Zipfel! / Hier ist so ein Mittelgipfel / Wo
man mit Erstaunen sieht, / Wie im Berg der Mammon glüht.
Stefan
Bühler
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