Es geht um Spurensuche in der Churer Altstadt. Um
jene Spuren, die als eine der innovativsten Marketingideen gilt
und nun behördlicherseits verboten werden soll. Chur Tourismus
wird es untersagt, die Spuren für den Rundgang in der Altstadt
zu erneuern, weil jetzt Bürolisten und andere Steuergeldakrobaten
finden, eine einheitliche, 200 000 Franken teure Beschriftung nach
neuem Konzept könne nicht durch eine lustige,
37 Jahre alte Idee ergänzt werden. Wohl deshalb, weil die Gleichschaltung
gegenüber anderen Städten gestört würde.
1967 hatte der damalige Verwalter des Postreisedienstes, Erhard
Meier, die Idee mit den Spuren als Wegweiser für Touristen
in der Altstadt. Um zu einer Schablone zu kommen, nahm er eine hübsche
Churerin am Fuss und führte sie in die Werkstatt, wo ihr Abdruck
genommen wurde. Mit diesem Profil wurden dann die roten Spuren über
den Hof und die grünen über das Obertor auf den Boden
gemalt. Fortan hatte Chur eine Attraktion, von der bis nach Japan
und Kanada berichtet wurde. Sie hatte Nachahmer in verschiedenen
Städten, etwa in Hildesheim und Hannover. Sicher wurde Erhard
Meier deshalb zum Verkehrsdirektor und später sogar zum Ehrenmitglied
von Chur Tourismus ernannt. Dass einige Kanti-Schüler die Schablone
nachmachten und in einer weiteren Nacht-und-Nebelaktion einen Rundgang
mit blauen Spuren hinlegten, machte die Idee erst zum Hit über
die Landesgrenzen hinaus. Den blauen Spuren folgte man in den Süsswinkel
oder ins Calandagärtli, den roten auf den Hof und den grünen
zum Obertor.
Zur damaligen konspirativen Gruppe aus dem KTV gehörte auch
Peter Hartmann (Göli). Der heutige ETH-Ingenieur und Verkehrsplaner
hatte schon damals klare Vorstellungen von organisiertem Verkehr,
vor allem in der Altstadt und vor allem bei den Fussgängern.
Auch seine Berufskarriere begann mit Spuren.
Das alles soll jetzt vorbei sein. Die teueren Pflaster in der Altstadt
dürfen nicht mehr gespurt werden. Und ein ganzer Verkehrsverein
wendet sich einstimmig gegen dieses Verdikt. Da wird schon der
Aufstand geprobt und an des Stadtpräsidenten Vergangenheit
appelliert. Immerhin war dieser 1967 selbst auf der Lümmelburg
und wird sich gerne an die Kolumnen im Nebelspalter, in den Schweizerischen
und ausländischen Tageszeitungen erinnern. Er weiss ja selbst
auch, wie man das behördliche Verdikt in diesem Fall, wo das
Volksempfinden tangiert ist, leicht umgeht: man malt, ohne zu fragen.
Erhard Meier hat in der Stadt Chur Spuren hinterlassen, keine Frage.
Es gibt keinen Grund, diese nicht als Ergänzung zu der geplanten
Beschriftung weiterhin zuzulassen. Sonst ist schon heute absehbar,
was Friedrich Schiller im «Lied von der Glocke» zu anderer
Gelegenheit sagte: «Errötend folgt er ihren Spuren …».
In Chur heisst das dann: «Mit hochrotem Kopf folgt man den
Spuren, die der Zensur zum Opfer fielen.»
Stefan
Bühler
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