Im Café im Stadtzentrum besetzen drei Angestellte
die wenigen Plätze an der Bar, blasen ihren Rauch in die offene
Brotauslage und lesen die Zeitung. Da werden keine Anstalten gemacht,
für zwei eintretende Gäste den Platz und die Zeitung freizumachen.
Der Kellner, der ohne die Hände zu waschen die Toilette verlässt,
ist leider auch keine Erfindung. Friedrich Schiller hat ihm im Ring
des Polykrates schon ein Denkmal gesetzt: «Hier wendet sich
der Gast mit Grausen …»
Wie wird man zum guten Gastgeber, im Hotel, im Restaurant, in der
Firma oder zu Hause? Indem man sich fragt, wie und wo man sich selbst
am wohlsten fühlt. Und sich bewusst darüber ist, dass
man alles Gute bekanntlich noch besser machen kann. Der gute Gastronom
zum Beispiel ist ein Mensch, der die Welt so sieht, wie sie isst.
Bei dem man nicht Altmeister Goethe bemühen muss: «Das
sind mir allzu böse Bissen / An denen die Gäste erwürgen
müssen».
Die Grundsätze gelten auch für Hotels. Das perfekte Hotel
ist zwar noch nicht erfunden. Dem Geheimnis eines guten Hotels kommen
wir aber mit Tyler Brûlé, Gründer der Zeitschrift
«Wallpaper», schon näher. Der Trendpapst bezeichnete
Chur schiesslich als einen «urban haven» und als Ausgangspunkt
zu einem «Outdoor Mekka», also weiss er schon, wann
und weshalb ein Hotel gastfreundlich ist. Eine freundliche Receptionistin
gehört dazu, eine gute Hotelbar und vor allem vernünftiger
Wasserdruck. Einen Balkon oder sonst eine Möglichkeit, um die
Kleider zu lüften, Acrylbilder eines einheimischen Künstlers,
keine Bettüberwürfe, die sowieso nie gereinigt werden,
und Personal, das anklopft, bevor es ins Zimmer kommt.
Wir alle haben als Gastgeber schon versagt, auch wenn wir die Grundsätze
einer Einladung für eine Party in der Theorie kennen sollten.
Eine Party sollte eine
Zusammenkunft sein, bei der am Ende die Gäste aufgeräumter
sind als die Wohnung. Schlecht ist immer, wenn die Verwandten kommen
und sich dann nicht nur wie zu Hause fühlen, sondern sich auch
so benehmen. Um das zu vermeiden, muss man sich schon bei der Einladung
gewisse Gedanken machen. Vor allem, wen man einlädt.
Das Problem stellt sich zur Zeit in Chur dem Sargmacher Caprez,
der Kantonspolizei, der Casanova Druck und Verlag AG, der Kirag
AG und der Nova Autoservice AG. Sie alle planen einen Tag der offenen
Tür. Man hätte ja etwas mehr Individualität einbringen
können, indem ein Tag des offenen Deckels, der offenen Zellen
und der offenen Kaffikässeli geplant würde. So wird es
zumindest am Samstag, 5. Juni, in Chur bei so viel offenen Türen
auch viel Durchzug geben. Wir freuen uns, wenn möglichst viele
an die Rossbodenstrasse kommen und den Casanova-Neubau besichtigen.
«Von der Stirne heiss rinnen muss der Schweiss, soll das Werk
den Meister loben», heisst es im Lied von der Glocke. Der
Schweiss an 300 Tagen Bauzeit im Jahrhundertsommer deutet auf ein
gutes Werk hin.
Stefan
Bühler
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