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GPS-tauglich

Kleiner sollte das neue Handy sein, unauffälliger und trotzdem praktisch. Jede Hausfrau, die mit einem derart klaren Einkaufszettel-Profil startet, bringt das Richtige heim. Ausser sie geht in einen Mobile-Shop. Das Handy ist zwar neu, dafür grösser, auffälliger und vor allem komplizierter als sein Vorgänger. Operation gelungen, Patient verreckt.
Kleiner schon deswegen nicht, weil der neue farbige Touch-Screen sonst nicht zu erkennen wäre. Unauffällig auch nicht, weil die verschiedenen Klingeltöne für SMS, MMS, Fon, EMail und RSS Jimi Hendrix und seiner Interpretation der amerikanischen Nationalhymne Konkurrenz machen. Und praktisch wäre das neue Handy auch nur dann, wenn die Funktion mit PDA und Navigationssoftware inkl. GPS-Modul einigermassen verständlich zu handhaben wäre. Es ergeht einem wie dem österreichischen Piloten auf dem ersten Passagierflug, der vom Tower nach seiner Position gefragt wurde. Die Antwort: «Ich sitze ganz vorn im Flugzeug ».
Allein die GPS-Konfiguration hat Wochen gedauert, nach der Devise: «Ich hätte alles begriffen, hätte man es mir nicht erklärt.» Wer nicht bereit ist, mindestens ein anderes Hobby aufzugeben, soll gar nicht damit anfangen. Nur wer auch von sich nach einem langen Winter sagen kann, dass er kein einziges Mal auf den Ski stand, ist opferbereit und leidensgeübt genug.
Das waren noch Zeiten, als wir mit unserem neuen 286er PC Erfolgserlebnisse hatten und erstmals Version 1.1 von Windows zum Laufen brachten. Und im Austausch von Kollegen die Komplettlösung von «Leisure Suite Larry 1» gegen jene von «Zak McKracken» erhielten und dort die hübsche Fernsehansagerin Lori Amore kennen lernten, die dann allerdings von einem seltsamen Dummheitsvirus befallen wurde. Wir haben uns verändert, nicht aber das Fernsehen. Zwar gibt es dort keine Ansagerinnen mehr, das Dummheitsvirus ist geblieben und inzwischen auch auf die Zuschauer übergesprungen. Wohl deshalb werden diese immer öfter für dumm verkauft.
Aber zurück zur Handy-Navigation mit GPS. Der erste Versuch scheitert jedenfalls daran, dass die Software nicht auf dem neusten Stand ist. Haldenstein wird zwar gefunden, nicht aber der Weg hinter dem Klettergarten hinauf zur Ruine Lichtenstein. Da ist wohl noch Nachholbedarf, inzwischen steht ja fest, dass anstelle einer Ölkaverne eine Waldhütte erstellt wurde. Bislang fand man diese von allein, vorausgesetzt, man benutzte dazu kein GPS-System. Oder die Homepage der Gemeinde. Diese verkündet vielsagend, dass man Waldhüte mieten könne. Gut bei Regen, die Hütte scheint nicht ganz dicht zu sein. Wenn doch, gilt das für den Webdesigner.
Vielleicht wird alles besser, wenn erst einmal das europäische System Galileo aufgeschaltet wird. Das GPS der Amerikaner hat ja so seine Macken, weil es nicht allzu genau ist. Das wurde jenem Automobilisten zum Verhängnis, der sich im Hamburger Hafen beim Rückwärtsfahren im Nebel auf das Navigationssystem verliess und über die Kaimauer ins Wasser stürzte. Oder dem italienischen Lastwagenfahrer, der kürzlich trotz Wintersperre die Überquerung des Sustenpasses mit seinem 28-Tonnen- Sattelschlepper versuchte und sich prompt verkeilte. Auch er mit blindem Vertrauen auf sein GPS.
Ähnliches passierte dem Lastwagenfahrer aus dem hohen Norden, der auf der schmalen Strasse nach Mutten oberhalb dem Schyn befreit werden musste. Die 36 Kehren bis nach Obermutten hätte er kaum geschafft, zumal das gar nicht sein erklärtes Ziel war. Er wollte eigentlich Muttenz in Baselland erreichen, hatte sich aber bei der Ziel-Eingabe vertippt.
Zwar gibt es immer noch Leute, die dem GPS blind vertrauen. Etwa Dieter Bohlen gemäss eigener Aussage: «Die einzige Frau, auf die ich höre, ist die aus dem Navigationssystem in meinem Auto.» Höchstwahrscheinlich auch nur so lange, bis er sich das erste Mal in die Haldensteiner Waldhütte oder nach Mutten verirrt hat.

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