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Asche

Asche Nach der Internetblase kam die Immobilienblase und mit ihr die Finanzkrise. Da ist es nur nachvollziehbar, wenn die arg gebeutelten Isländer mit ihrer Vulkanblase alles Bisherige in den feinkörnigen Lavaschatten stellen. Allerdings konnte sich bisher die Idee nicht durchsetzen, den Vulkan erst wieder abzuschalten, wenn alle Schulden erlassen werden. Genauso wenig wie das sonst strikte Rauchverbot von Reykjavík bis Hafnarfjarðarkaupstaður, das offensichtlich nicht für Vulkane gilt.
Jedenfalls ist das Grounding der Swissair nicht zu vergleichen mit dem, was ein kleiner Vulkan auf einer kleinen Insel bewirkt hat. Um es positiv zu sagen: Diese wohltuende und kondensstreifenfreie Stille über ganz Europa hat auch etwas Apokalyptisches an sich und lässt das Ozonloch durchatmen. Eine Wolke aus Asche hat erreicht, was bislang nicht einmal der deutschen Pilotengewerkschaft Cockpit gelang: Die Flieger blieben am Boden, dafür gingen die Manager der Fluggesellschaften in die Luft.
Der deutsche Rocker Peter Maffay hat schon vor 30 Jahren erkannt, dass es ihm an seinem jetzigen Wohnort Mallorca gleich ergehen wird wie tausenden von Touristen, die auch nicht mehr von der Insel weg kamen: «Sieben Mal wirst Du die Asche sein». Oder zumindest deswegen auf einem Flughafen stranden. Und das nicht nur an einem Aschermittwoch.
Nun steigen Airbus, Boeing und Tupolew wieder in den Himmel, quasi wie Phönix aus der Asche. Und trotzdem ist nichts mehr so wie vorher, und wir wussten es schon immer. Einmal hätte ein Vulkanausbruch der Menschheit fast ein Ende bereitet, auch wenn die Erinnerung daran etwas verblasst ist. Schon verständlich, das Ereignis trat vor 73 000 Jahren ein mit dem Ausbruch des Supervulkans Toba auf der Insel Sumatra. Das bedeutete dann auch fast das Ende des homo sapiens und der Neandertaler. Angesichts der globalen Auswirkungen überlebten das Desaster nur ein paar Tausend Vorfahren in Afrika. Dass sich die Natur nicht immer durch die Menschen formen lässt, wird uns mit Erdbeben, Tsunamis und Klimaerwärmung schon schmerzlich ins Bewusstsein gerufen. Das alles verblasst zu einem kleinen Rülpser, wenn erst einmal die Asche den ganzen Globus verdunkelt. Dann wird es Zeit, wieder Demut gegenüber der Natur zu bekommen. Wie das geht, wissen wir spätestens seit dem Alten Testament: «Asche über unser Haupt» heisst nichts anderes als Busse tun. Oder bedeutet Strafe, wie bei Mose, wo Staub und Asche vom Himmel fallen, bis du vertilgst bist. Wer schon vorher erstickt oder sonst wie das Zeitliche gesegnet hat, für den hat der Pfarrer auf dem letzten Gang noch einen Nachschlag parat: «Asche zu Asche, Staub zu Staub.»
Eigentlich werden wir laufend daran erinnert, dass die Asche zum Leben gehört wie die Urne danach. Es wäre fairer gewesen, hätte man den ehemaligen Mister Schweiz Renzo Blumenthal mit einem einfacheren Intelligenztest konfrontiert, er hätte sich dann auch nicht so blamieren müssen wie bei der Frage nach der postnatalen Depression. Wenn die Post die Pakete an Weihnachten zu spät bringt, schlägt das sehr wohl auf die Laune und kann zu Depressionen führen. Aber muss man den Fachbegriff dazu auch kennen?
Allgemeine Fragen zu den Stichworten Asche beantworten die meisten Miss- Kandidatinnen aschfahl im Gesicht wie Aschenblödel. Wie könnte es auch anders sein, sie waren ja nicht dabei, als der König ein dreitägiges Fest organisierte – eingeladen waren nämlich nur die Jungfrauen des Landes. Die Missen vertrauen lieber der Jury, die ihres Amtes waltet wie weiland bei Aschenputtel: «… die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!» In seinen Lebenserinnerungen («Die Asche meiner Mutter» und «Ein rundherum tolles Land») bringt es der kürzlich verstorbene irisch-amerikanische Schriftsteller Frank McCourt im letzten Satz auf den Punkt: «Ach, wenn sie nur zu Atem käme». Das gilt heute für ganz Europa.

Stefan Bühler

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