Nomen est omen
Nomen est omen, heisst es beim römischen
Komödiendichter Plautus. Frei
übersetzt bedeutet das wohl, dass der
Name auch Programm ist. Heisst also
jemand Strauss-Kahn, hat das bestimmt
etwas mit einem Vogel zu tun,
der sich auf einem untergehenden
Kahn befindet. Jedenfalls sagen die
Familiennamen einiges aus über die
Urahnen, die irgendwann zu irgendwelchen
Namen kommen mussten.
Im 12. Jahrhundert, noch vor dem
Rütlischwur also, gab es einfach zu
viele Vornamen und die Verwechslungen
häuften sich. Erfunden wurde
deshalb der Familienname, und der
lässt manchmal tief blicken. Frau Zürcher
und Herr Appenzeller zählen zu
den einfachen Varianten. Da hält sich
der Namensforscher an das Prinzip:
Zeige mir deinen Pass und ich sage dir,
wie du heisst.
Schwieriger wird es bei den Ableitungen,
etwa bei Stauss. Das ist einer
mit ausladendem Gesäss, weil von
Steiss herkommend, während Strauss
der Streitsüchtige ist, der eben jeden
Strauss ausficht. Bei Asterix ist es der
Tullius Destructivus, der für Zwietracht
sorgt. Und wer Christoph Mörgeli bislang
für einen hielt, der mit der Sonne
aufsteht und sich von dieser auch gelegentlich
beim Autofahren blenden
lässt, liegt vollkommen falsch. Mörgeli
leitet sich nämlich ab von Nörgeli,
was der Wahrheit schon sehr viel
näherkommt.
In diese Kategorie gehören
auch der Name Hahn, ein Stolzer
oder Streitsüchtiger, wie auch der
Burri, der Streithahn. Burren heisst
nichts anderes als zanggen. Daraus
leitet sich auch der Name Zangger ab,
der dem Wyrsch und dessen unwirschem
Charakter nahesteht.
In dieser Kategorie findet man auch
den Tribolet, einen Vogt, der die Untertanen
tribolierte, so quasi der Vorgänger
des Waterboardings nach Art
der Emmentaler.
Auch ganz logisch die Herkunft der
Familiennamen Früh und Späth, ersterer
ist Frühaufsteher und damit ein
fleissiger Mensch, letzterer heisst mit
Vornamen Lothar und ist deutscher
Politiker.
Andere Namen beziehen sich ganz
einfach auf ihre Herkunft, wie etwa
Heeb, zurückzuführen auf die Herren
von Heewen im St. Galler Rheintal.
Sie waren Administratoren der Äbte
von Pfäfers.
Der Name Blocher kommt von blochen,
rasen, liegt ja auf der Hand. Ein
Blocher aber rast nicht seines Namens
wegen durch die Kinderstube,
honni soit qui mal y pense. Das Bild
leitet sich einfach vom Pferdekutscher
ab.
Dass der Gisler ein Schuldeneintreiber
ist und der Graf ein Nobler, der
Heilig ein ganz Frommer und der
Herger
einer, der übel wirtschaftet,
verbietet jeglichen Bezug auf die Gegenwart.
Gilt auch für den Moser, der
im Sumpfgebiet wohnt. Nicht aber für
den Leibundgut, den Geldlosen. Warum
nicht ein Stadtrat mit Namen
Leibundgut, wo wir doch auch einen
Tremp haben? Das ist der mit dem
schweren Gang, ein Trampeltier eben.
Sagt zumindest die Namensforschung.
Manchmal stösst sie dann auf skurrile
Kombinationen, über deren Herkunft
man nur mutmassen kann. Nicht nur
bei Asterix, wo der unbestechliche
Quaestor Claudius Incorruptus heisst.
Ergiebiger erweist sich die neue Telefon-
CD. Darauf findet man einen
Bestatter
mit Namen Heinz Kiste, einen
Bäcker Emil Schimmel und den
Friseur Wilhelm Kahl. Hebamme Ida
Storch hat ihre Arbeit getan, die Taufe
obliegt Pfarrer Weihrauch, im Gottesdienst
singt der Tenor Peter Schreier.
Nomen ist eben durchaus omen, so
bei Prof. Meise, Psychiater, Hans
Spanner, Bademeister, und Albert
Pfusch, Architekt.
Die Forschung beschränkt sich nicht
nur auf Familiennamen, selbstverständlich
haben auch Sachbegriffe
eine Herkunft. Das Idiotikon ist immer
noch die beste Quelle, wenn man
nach dem Kern des Wortes sucht.
Etwa unter dem Stichwort Politiker.
Dazu genügt schon die Erklärung
«Schlaumeier».
Ganz im Trend sind jetzt gerade Produkte
aus dem Granatapfel. Sinnigerweise
kommt der Begriff Granatapfel
aus Pakistan. Und das ist dann auch
schon wieder Programm, allerdings
eines, auf das wir gerne verzichten.
Stefan Bühler