Zustand der Nation
Aktuelle Informationen zum begonnenen Jahr und der Zwischenstand aller Gebiete, in denen die Schweiz momentan versagt: Personalrekrutierung, Fussball, Bankgeheimnis, Organspender und Fernsehplanung. Gerade beim TVProgramm hätte es Leutschenbach in der Hand, eine zutiefst verunsicherte Nation aus dem Tal der Tränen zu führen. Mit einer eigenen TV-Show nach RTLVorbild: «Ich bin Schweizer, holt mich hier raus.» Das kriegt man natürlich nicht hin, indem man den «Tatort» am Sonntag etwas früher startet als die ARD, nur um wegen der saublöden Werbeunterbrechung gleichzeitig fertig zu sein. Da ist schon mehr Innovation gefragt. Innovation, wie sie in einem Atemzug zu nennen ist mit Ueli Maurer. Seine Wunschsendung «Ich bin Bundesrat, holt mich hier raus» scheiterte bislang nur am Schlingerkurs seiner Partei, die vom rausgehen redet und damit drinbleiben meint. Dabei zeigt gerade Ueli Maurer, wie mit subtilem Erneuerungswillen bislang verminte Felder besetzt werden können. Dank seiner offensiven Militärstrategie («Unsere Freiheit wird im Kosovo verteidigt ») befehligt mit Oberst Adolf Conrad erstmals ein Schweizer Offizier Nato-Truppen. Da passt auch die Meldung von den Schweizer Soldaten hinein, die in Libyen im Einsatz stehen. Wenn auch nur als Portiers vor der Schweizer Botschaft mit einem Bewachungsauftrag für nicht abgeholte Reisekoffer. Innovation heisst beim Schweizer Fernsehen, alte Zöpfe abzuschneiden. Wie das in die Hosen geht, haben die Macher von «Two and a Half Men» eben schmerzlich erfahren müssen, nachdem sie Hauptdarsteller Charlie Sheen rauswarfen. Sein Nachfolger Ashton Kutcher hinterlässt bislang nur Abgemagertes, da runter seine Ex Demi Moore und die Quoten dieser amerikanischen Erfolgsserie. Dessen ungeachtet wird bei uns das gleiche Spiel gespielt. Das Erfolgsduo Walter Andreas Müller und Birgit Steinegger wird in die Wüste geschickt, die besten Politparodisten erhalten die Kündigung. Ohne Aussicht auf Nachfolger, weder auf Munter noch auf Magermacher. Nach einem Monat im neuen Jahr ist die Bilanz also mehr als nur ernüchternd. Gewarnt davor hat uns die neue Bundespräsidentin schon mit ihrer Neujahrsansprache. Und dabei hat sie noch nicht einmal von der Fussball-EM und den olympischen Spielen gesprochen. Inzwischen lassen weitere negative Meldungen aufhorchen. Etwa die, dass unser Land immer weniger Organspender verzeichnet. Im europäischen Vergleich liegen alle andern vor uns, insbesondere österreich, Italien und Spitzenreiter Spanien. Es ist also durchaus nicht so, dass Menschen aus vorwiegend katholischen Ländern mit intakter Leber, Nieren und Herzen vor dem jüngsten Gericht erscheinen wollen. Im Gegenteil, sie sind durchaus bereit, davon etwas zurückzulassen. Schweizer fallen hier deutlich ab, auch wenn Peach Weber gewillt ist, sein Doppelkinn der Organspende zur Verfügung zu stellen. Erschütternd dann das Thema Personalplanung und Bankgeheimnis. Hängt beides zusammen. Wem Gott ein Amt gibt, gibt er noch lange nicht Verstand. Vor allem, wenn es um die Rekrutierung von Spitzenpersonal geht. Den Ex-Armeechef Roland Nef erkannte niemand als Stalker, keiner will bemerkt haben, dass hinter Philipp Hildebrand eine starke Persönlichkeit steht, niemand sah Bruno Zuppigers Erbsünde, die Bank Sarasin lässt es zu, dass die Welt über unser Bankgeheimnis lacht und hätten wir Kreuzfahrtschiffe auf dem Vierwaldstättersee, mit Sicherheit würde der Kapitän italienische Standards noch unterbieten. Es wird Zeit, dass man über die Gauner redet. Die Gewählten und die in den Wahlgremien. Insofern hat Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf Recht: 2012 wird kein einfaches Jahr.
Stefan Bühler