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Royals sei Dank

Prinz Harry (27), der dritte in der Thronfolge, hat in Las Vegas seinen nackten Hintern und seine Kronjuwelen blitzen lassen. Nach mehreren Runden Nackt-Billard mit einigen Freunden und einer Menge Girls hatte der Prinz in einer Suite eines Luxus- Hotels sämtliche Kleider ablegen müssen. Da kommt Mitleid auf angesichts der unscharfen Handy-Fotos vom scharfen Prinzen. Nicht, weil die Bilder an die öffentlichkeit gelangten, vielmehr muss Dirty Harry viel Pech beim Billard haben. Noch scheint er das Spiel mit den Kugeln nicht ausreichend zu beherrschen. Harry tut gut daran, in seiner Freizeit üben, üben und nochmals üben. Weil sich die meisten Briten im royalen Hang zu feuchtfröhlicher Freizeitgestaltung wiedererkannten, hielt sich die Aufregung in Grenzen.
Enthüllende Wochen wurden es trotzdem für das britische Königshaus. Und so diskret wie bei Harry reagierte das Büro «Clarence House» nicht, als eine französische Zeitschrift heikle Aufnahmen von Prinz William und seiner Frau Kate Middleton veröffentlichte. Entstanden sind die Fotos während eines Privaturlaubs des Paares in der Provence.
Prinz Harry unten ohne und die Herzogin von Cambridge oben ohne sind zwar appetitlicher als seinerzeit der gynäkologische Befindlichkeitsbericht von Prinz Charles an seine damalige Geliebte Camilla. Jetzt erst ist gemäss Königshaus mit den jüngsten Fotos «eine rote Linie überschritten worden». Interessanter als die Reaktion des Palastes ist das Verhalten der britischen Presse, die sich vornehm weigert, des Königs neue Kleider abzulichten. Als ob die gleiche britische Presse jemals Hemmungen gezeigt hätte. Gut in Erinnerung etwa das publizistische Trommelfeuer nach der Fussball-EM 2004, als der Schweizer Schiedsrichter Urs Meier ein Tor der Engländer annullierte. Nachdem britische Boulevardzeitungen seine E-Mail-Adresse veröffentlicht hatten, erhielt Meier Morddrohungen und über 16 000 Protest-Mails. Reporter von «The Sun» rollten sogar eine riesige englische Flagge vor Meiers Haus in Würenlos aus, genau so, wie im Zweiten Weltkrieg Bombenziele markiert wurden.
Warum sich also aufregen über einen Fotografen, der den Scoop seines Lebens gemacht hat? Abgehörte Telefone von Prominenten dank korrupten Amtspersonen verdienen wohl eher das königliche Prädikat «grotesk und völlig ungerechtfertigt» als die Bildergalerie von Harry und Kate.
Wer in der öffentlichkeit nicht nackt wahrgenommen werden will, kann das übrigens mit einfachen Mitteln verhindern. Indem er sich anzieht, wenn er aus dem Haus geht. Damit ist aber noch nicht geklärt, was denn an einem blau durchbluteten Hintern besonderes dran ist. Ein Krone- Tattoo jedenfalls war nicht auszumachen und auf dem Thron sitzen wir schliesslich alle, ob königlich oder bürgerlich. Mit oder ohne Arschgeweih, dafür nicht im Blickfeld von Kameras. Allerdings, weit davon entfernt sind wir nicht mehr. Zwar ist die Kamera auch im allerneusten iPhone nur eingeschränkt paparazzikompatibel. Ist das Handy erst einmal flug- und die Optik nahkampftauglich, wird auch dieses Tabu fallen.
Seien wir doch ehrlich: Gäbe es die Royals nicht, wir müssten uns mit den Niederungen unseres Promialltags begnügen. So gesellschaftspolitischer Kram wie: Warum hat Marianne Cathomen bei ihrer Auswanderung nach Florida ihre beiden Kinder Nico und Carina zurückgelassen? Was bedeutet eigentlich in diesem Zusammenhang der Begriff Rabenmutter? Welche Sozialschmarotzerin versteckt sich auch noch hinter einem Burnout und warum sollte man nicht einen Lohn beziehen, ohne wissenschaftlich tätig zu sein? Kein Coiffeurheftli lockt mit solch biederer Hausmannskost eine Leserin unter der Haube hervor. Die Royals aber, die lassen uns nicht im Stich. Und wir sie auch nicht.

Stefan Bühler

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